Von Dr. Alexander Bissels – Rechtsanwalt, Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, Köln
Das LAG Rheinland-Pfalz hat in einem etwas exotisch gelagerten Sachverhalt mit einer überzeugenden Begründung entschieden, dass der equal pay-Grundsatz auch bei einer grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung von Frankreich nach Deutschland wirksam ausgeschlossen werden kann (Urt. v. 12.05.2016 – 2 Sa 65/16). Dabei hatten einige französische Zeitarbeitsunternehmen mit ver.di und der IG BCE einen Tarifvertrag abgeschlossen, in dem für eine grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung vorgesehen war, dass sich das Arbeitsentgelt für eine überwiegende Tätigkeit nach der EG 1 bis 4 des ERTV BZA/DGB nach Maßgabe eines in der Anlage beigefügten allgemeinverbindlichen französischen Tarifvertrages und für eine überwiegende Tätigkeit nach der EG 5 bis 9 des ERTV BZA/DGB nach § 2 ETV BZA/DGB richtet. Das LAG Rheinland-Pfalz sah darin eine hinreichende Vereinbarung, durch die von dem zwingenden equal pay-Grundsatz abgewichen werden könne. Nicht erforderlich sei, dass der Tarifvertrag die abweichende Vergütungsregelung selbst treffe. Vielmehr könne der Tarifvertrag abweichende Vergütungsregelungen auch dadurch zulassen, dass dieser – wie hier – ein Mindestentgelt durch Verweisung auf bestimmt bezeichnete andere Tarifregelungen festlege. Dies ergebe sich aus dem Gesetzeswortlaut (§§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 9 Nr. 2 AÜG), nach dem ein Tarifvertrag abweichende Regelungen „zulassen“ könne.
Kommentar:
Die Entscheidung betrifft den ungewöhnlichen Fall, dass für eine Überlassung aus dem Aus- in das Inland zwischen ausländischen Zeitarbeitsunternehmen und deutschen Gewerkschaften ein Tarifvertrag abgeschlossen wurde, der eine vom equal pay-Grundsatz abweichende Regelung enthält. Richtig ist insoweit, dass in diesem kein eigenes Vergütungsregime festgelegt werden muss, sondern das ein solches durch eine „Weiterverweisung“ wirksam in Bezug genommen werden kann.
Nicht problematisiert wird hingegen die Frage, ob ver.di und die IG BCE unter Beachtung ihrer Tarifzuständigkeit wirksam einen Tarifvertrag abschließen konnten, der die Überlassung der betreffenden Zeitarbeiternehmer – wie in dem konkreten Fall – in einen Kundenbetrieb der M+E-Industrie regeln konnte. Zwar ist der geschlossene Tarifvertrag nicht kundenbezogen formuliert, d.h. er würde grundsätzlich auch den Einsatz in einem M+E-Betrieb erfassen, fraglich ist jedoch, ob die beteiligten Gewerkschaften überhaupt die Regelungskompetenz (sprich Tarifzuständigkeit) für sich in Anspruch nehmen konnten, insoweit wirksam einen Tarifvertrag abzuschließen. Das LAG Rheinland-Pfalz hat in der Sache die Revision zugelassen. Ggf. greift das BAG diesen Gesichtspunkt auf, wenn das Rechtsmittel von dem unterlegenen Zeitarbeitnehmer tatsächlich eingelegt werden sollte.“
Autor:
Dr. Alexander Bissels – Rechtsanwalt, Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, Köln
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