Unzulässige Arbeitnehmerüberlassung bei Testfahrern?

Gegen einen großen deutschen Automobilhersteller sind – mit entsprechend großer medialer Begleitung – bereits im Jahr 2013 zahlreiche Klagen von sog. Testfahrern anhängig gemacht worden, die geltend machten, dass wegen einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis mit dem „Autoriesen“ entstanden sein soll. Die Testfahrer waren bei einem Dienstleister beschäftigt, der entsprechende Aufträge für Testfahrten auf Grundlage eines Werkvertrags für den Automobilhersteller übernahm. Diese beriefen sich nun darauf, dass es sich aufgrund deren Eingliederung in die betriebliche Organisation des Auftraggebers um eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung handeln sollte – zu Unrecht, wie zunächst das ArbG Braunschweig in der „ersten Runde“ und nunmehr auch das LAG Niedersachsen in mehreren Entscheidungen mit einer überzeugenden Begründung bestätigten (Urt. v. 19. Januar 2015 – 8 Sa 643/14).

In dem Leitsatz heißt es: Arbeitnehmerüberlassung im Sinne von § 1 Abs. 1 AÜG liegt nicht vor, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die dem Auftraggeber zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte in dessen Bereich eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach seinen Weisungen (des Auftraggebers) und in dessen Interesse ausführen. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass sich die Aufgabe des Auftragnehmers bei Durchführung des Auftrags im Wesentlichen auf die Auswahl der Arbeitnehmer und ihre Einteilung in Schichten beschränkt. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Auftragnehmer für die ordnungsgemäße Durchführung der Aufgabeninhalte noch verantwortlich bleibt, zur Gewährleistung verpflichtet ist und für die Umsetzung des Vertrags vor Ort Ansprechpartner bereitstellt.

Kommentar:

Mit ihren Klagen sind die Testfahrer (zunächst) einmal baden gegangen. Es stand nicht nur Werkvertrag darauf, sondern es handelte sich tatsächlich um einen „echten“ Werkvertrag. Ende gut, alles gut – könnte man für den Automobilhersteller meinen, ist aber nicht so, da die Entscheidungen des LAG Niedersachsen – zumindest teilweise – nicht rechtskräftig geworden sind. Inzwischen ist Revision zum BAG eingelegt worden (u.a. Az. 9 AZR 162/15), so dass die Sache für den Automobilhersteller noch nicht ausgestanden ist. Dieser und auch die klagenden Testfahrer blicken nun nach Erfurt. Man darf gespannt sein, was der 9. Senat aus der Sache machen wird.            

Dr. Alexander Bissels

Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, Köln

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