Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, Köln
Wir haben schon mehrfach über die sog. Fallschirmlösung berichtet , die nach der ganz herrschenden Ansicht die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses ausschließt, wenn sich ein Werk-/Dienstvertrag als insoweit verdeckte Arbeitnehmerüberlassung herausstellt, das de facto „verleihende“ Unternehmen aber über eine Erlaubnis nach § 1 AÜG verfügt (vgl. LAG Baden-Württemberg v. 12.08.2015 – 21 Sa 98/14; LAG Baden-Württemberg v. 18.06.2015 – 6 Sa 52/14; LAG Baden-Württemberg v. 07.05.2015 – 6 Sa 78/14; LAG Baden-Württemberg v. 09.04.2015 – 3 Sa 53/15; LAG Baden-Württemberg v. 18.12.2014 – 3 Sa 33/14; LAG Baden-Württemberg v. 10.10.2014 – 17 Sa 22/14; LAG Rheinland-Pfalz v. 28.05.2015 – 2 Sa 689/14; ArbG Stuttgart v. 08.04.2014 – 16 BV 121/13; aber a.A.: LAG Baden-Württemberg v. 03.12.2014 – 4 Sa 41/14).
Nunmehr hat auch die 15. Kammer des LAG Baden-Württemberg diese Auffassung bestätigt (Urt. v. 08.09.2015 – 15 Sa 90/14) und sich in diesem Zusammenhang auf die bereits maßgeblichen und im Wesentlichen ausgetauschten Argumente berufen.
Kommentar:
Der „Rettungsfallschirm“ verhindert nach der überwiegenden Ansicht zwar die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem faktisch als Zeitarbeitnehmer eingesetzten Mitarbeiter und dem Kundenunternehmen. Dennoch ist diese „Rucksacklösung“ nicht frei von Risiken. Zum einen hat das BAG diese Meinung noch nicht höchstrichterlich abgesegnet. Es sind in Erfurt zahlreiche Revisionen anhängig, die Klarheit darüber bringen werden, ob die überwiegende Anzahl der Instanzgerichte richtig gelegen haben (u.a. 9 AZR 595/15; 9 AZR 537/15; 9 AZR 51/15; 9 AZR 734/15). Ist dies nicht der Fall, kann es – ungewollt – zu einer Vielzahl von insbesondere auf Kundenseite unerwünschten Arbeitsverhältnissen kommen. Zum anderen gibt es eindeutige Signale der Großen Koalition und insbesondere des BMAS die Fallschirmlösung zumindest zukünftig gesetzlich auszuschließen. Diese dürfte sich zumindest mittelfristig als wenig belastbar herausstellen.
Darüber hinaus nimmt die herrschende Auffassung an, dass neben dem faktischen „Verleiher“ auch die Kunden für equal pay-Ansprüche haftbar gemacht werden können (vgl. LAG Rheinland-Pfalz v. 28.05.2015 – 2 Sa 689/14). Das Risiko, dass diese von den betreffenden Arbeitnehmern tatsächlich in einer „Breitenwirkung“ geltend gemacht werden, darf allerdings nicht überbewertet werden; kritischer ist die „Verfolgung“ durch die DRV, die auf das equal pay abzuführende Sozialversicherungsbeträge eintreibt.
Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass deren vorsätzliche Nichtabführung durchaus eine strafrechtliche Facette hat. Die Verwirklichung von § 266a StGB trifft den „Verleiher“ und – ggf. auch nur in Form der Beihilfe dazu – das Kundenunternehmen. Vor diesem Hintergrund sollte gut überlegt sein, sich tatsächlich auf die Fallschirmlösung zu verlassen – diese ist nicht frei von wirtschaftlichen und im Zweifel strafrechtlichen Risiken.
Weitere Einzelheiten dazu entnehmen Sie bitte meinem „Infobrief Zeitarbeit“, mit dem ich monatlich über die aktuellen Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informiere. Sollten Sie Interesse haben, diesen kostenfrei zu beziehen, schreiben Sie mir bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com).