Schon geimpft?
Autorin:
Michaela Hermes, LL.M., Rechtsanwältin, Rechtsanwältin für Medizinrecht
Die Frage nach dem Impfstatus könnte in den nächsten Wochen öfters gestellt werden. Geimpft – getestet – genesen. Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren und Quarantäneregeln gelten für Geimpfte und Genesene nicht mehr. Ein Stück Normalität ist in den Alltag vieler Menschen zurückgekehrt. Auch die meisten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen kehren vom Homeoffice an ihren Arbeitsplatz zurück. Arbeitgeber sind der Ansicht, durch die Abfrage des Impfstatus ihre Mitarbeiter und Kunden vor Ansteckungsrisiken (Fürsorge- und Schutzpflicht, § 613 BGB, § 3 ArbSchG) besser schützen zu können. Ist die Frage nach dem Impfstatus erlaubt?
Impfstatus ist ein Gesundheitsdatum
Der Impfstatus ist ein Gesundheitsdaten gemäß Art. 4 Nr. 15 DSGVO. Gesundheitsdaten zählen zu den speziell geschützten besonderen Arten personenbezogener Daten. Ihre Verarbeitung ist gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO grundsätzlich untersagt. Wenige, in Art. 9 Abs. 2 DSGVO genannte, Ausnahmen erlauben die Verarbeitung.
Für einige Berufsgruppen aus dem medizinischen Bereich, beispielsweise bei Beschäftigten in Arztpraxen oder Krankenhäuern darf der Arbeitgeber den Impfstatus abfragen und die Daten verarbeiten (§ 23a Infektionsschutzgesetz – IfSG). Eine Erlaubnis zur Erhebung des Impfstatus ist jedoch beschränkt auf die in § 23 Abs. 3 IfSG genannten Anwendungsbereiche.
Sind die Beschäftigten nicht im Gesundheitsbereich tätig, richtet sich die Erforderlichkeit der Abfrage des Corona-Impfstatus nach § 26 Abs. 3 BDSG, Art. 9 Abs. 2 lit. b) DSGVO. Die Datenschützer legen das Merkmal der Erforderlichkeit eng aus. Eine Datenverarbeitung ist im Einzelfall nur dann erforderlich, wenn sie zur Erfüllung der rechtlichen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis unabdingbar ist. Regelmäßig wird zur „Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht“ i.S.d. § 26 Abs. 3 S. 1 BDSG die Datenverarbeitung des Impfnachweises mangels wirksam vereinbarter oder vertraglicher Pflicht nicht erforderlich sein, zumal das „schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung“ überwiegen dürfte.
Die Erfüllung der dem Arbeitgeber auferlegten Arbeitsschutzmaßnahmen lässt sich durch ein ausreichendes Hygienemanagement nach Auffassung der Datenschützer auch ohne die Abfrage des Impfstatus bewerkstelligen. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit in NRW sieht derzeit keine Möglichkeit nach dem Impfstatus zu fragen. Für die Erhebung des Impfstatus durch Arbeitgeber, die nicht unter besondere Spezialnormen fallen, bestehe keine Rechtsgrundlage. Solange es also keine Impfpflicht gibt, dürfe die Frage nach dem Impfstatus auch arbeitsrechtlich keine Konsequenzen haben. Folglich dürfen Impfbescheinigungen auch nicht mit zur Personalakte genommen werden.
Die Rechtslage ist verzwickt. Zwar sieht die Datenschutz-Grundverordnung eine pandemiefreundliche Auslegung vor. In Erwägungsgrund 46 wird von der Zulässigkeit der Datenverarbeitung „einschließlich der Überwachung von Epidemien und deren Ausbreitung“ gesprochen. Dies gilt jedoch im Kontext von „humanitäre(n) Zwecke(n)“. Auf das arbeitsrechtliche Beschäftigungsverhältnis lässt sich dies nicht ohne weiteres übertragen.
Solange das Arbeitsverhältnis auf Vertrauen basiert und man aufkommende Problemsituationen pragmatisch lösen kann, wird der Arbeitgeber die Impfung stillschweigend voraussetzen. Kompliziert wird es, wenn das Arbeitsverhältnis schlecht ist. Was soll ein Arbeitgeber tun, wenn er seine Mitarbeiter nicht mehr zum Kunden schicken kann, weil dieser nur geimpften Mitarbeitern Zugang gewährt.
Impfprämie?
Zum Teil sind die Arbeitgeber dazu übergegangen Impfprämien im Sinne einer Sonderzahlung zu versprechen. Derartige Vergütungen müssen sich am allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz messen lassen. Außerdem darf die (Nicht-)Gewährung einer solchen Prämie nicht gegen § 612a BGB verstoßen. Die bisherige Rechtsprechung zu Sondervergütungen ist vergleichsweise restriktiv. So müssen sich z.B. Anwesenheitsprämien, die geringe krankheitsbedingte Fehlzeiten honorieren, im Rahmen von § 4 a Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) bewegen.
Zur Beseitigung der rechtlichen Unsicherheit ist eine schnelle Lösung wünschenswert. Dazu böte sich Gelegenheit, wenn am 10.09.2021 die Corona-Arbeitsschutzverordnung ungültig wird. Doch auch hier mehren sich die Stimmen, die die Statusfrage in einem Gesetz und nicht in einer Verordnung regeln möchten. Und schon liegt die nächste Frage auf dem Tisch. Wenn der Arbeitgeber erst einmal ein Auskunftsrecht hat, was ist dann mit den Mitarbeitern, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen dürfen. Darf er diese dann nach den Diagnosen fragen? Eines ist sicher. Solche und ähnliche Fragen werden vor demnächst Gericht gehen.