Die Fürsorgepflicht – Wesentlicher Teil des Arbeitsverhältnisses.
In einem Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt es Hauptpflichten und Nebenpflichten. Zu den Hauptpflichten gehört die Pflicht zu Arbeiten und die Pflicht zu bezahlen. Die Nebenpflichten sind vielfältig und oft „ungeschriebene Gesetze“ im jeweiligen Betrieb.
Die Fürsorgepflicht ist DIE Nebenpflicht des Arbeitgebers schlechthin. Sie kann nicht durch Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden. Wenn ein Arbeitgeber dies in seinen vorformulierten Arbeitsvertrag für den beschäftigten Arbeitnehmer aufnehmen würde, wäre eine solche Regelung unwirksam.
Treu und Glauben
Der Arbeitgeber ist laut BGB und nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet, den Arbeitnehmer zu schützen und vor Schaden zu bewahren bzw. bestehende Schädigungen/Belästigungen abzustellen.
Das Ganze erfolgt natürlich im Rahmen einer Interessenabwägung. D.h., die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers werden selbstverständlich auch berücksichtigt. Besondere Bedeutung erlangt die Fürsorgepflicht am Arbeitsplatz bei der Belästigung/Diskriminierung des Arbeitnehmers durch Vorgesetzte und/oder Kollegen während der Arbeit. Erfährt der Arbeitgeber davon, muss er den Arbeitnehmer „aus der Schusslinie“ bringen, also in Schutz nehmen und die Kollegen/Vorgesetzten zur Räson bringen. Die Rechte laut BGB setzt der Arbeitgeber dann notfalls durch arbeitsrechtliche Maßnahmen um. Dabei ist er frei in der Wahl seiner Mittel. Der betroffene Arbeitnehmer kann nur verlangen, das „es aufhört“, also er in seiner Persönlichkeit nicht weiter angegriffen wird. Wie der Arbeitgeber dies bewerkstelligt, bleibt ihm überlassen.
Verstoß gegen die Fürsorgepflicht
Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen die Fürsorgepflicht kann Schadensersatzansprüche des beschäftigten Arbeitnehmers zur Folge haben. Aber auch ein Leistungsverweigerungsrecht bei gleichzeitiger Lohnfortzahlung steht dem Arbeitnehmer zu.
Der Arbeitnehmer muss jedoch nachweisen, dass der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht verletzt hat. Kann der beschäftigte Arbeitnehmer das nicht, setzt er sich selbst ins Unrecht. Vom Leistungsverweigerungsrecht sollten beschäftigte Arbeitnehmer am Arbeitsplatz daher nie ohne vorherige Einzelfallprüfung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht Gebrauch machen.
Der Arbeitgeber kann nur dann in die Pflicht genommen werden, wenn er auch weiß, dass dem Arbeitnehmer am Arbeitsplatz also in den Räumen des Betriebs und direkt bei seiner beruflichen Tätigkeit Unrecht geschieht. Daher muss der Arbeitnehmer auch im Fall einer Belästigung durch Kollegen/Vorgesetzte, den Arbeitgeber umfassend informieren, damit dieser der Sache nachgehen kann. Erst wenn der Arbeitgeber daraufhin nichts unternimmt und damit gleichzeitig auch die Gesundheit des Arbeitnehmers in Gefahr bringt, verletzt er die Fürsorgepflicht. Dem Arbeitnehmer ist zu raten, dass er nachweisbar dokumentiert, dass und wie genau er sich beschwert hat. Entweder hat er einen Zeugen, der später auch bereit ist, bei Gericht auszusagen oder er reicht seine Beschwerde schriftlich ein und dokumentiert den Zugang. Wie genau man den Zugang bewirkt, können Sie hier in diesen Videos zur Zustellung einer Kündigung unter Anwesenden und zur Zustellung einer Kündigung unter Anwesenden sehen. Auch wenn es in den beiden Filmen um Kündigungen geht, können Sie die Informationen auch für die Zustellung anderer Erklärungen verwenden.
Über die Autorin:
Dr. Sandra Flämig ist Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Stuttgart.
Mehr Informationen vom Rechtsanwalt bekommen Sie hier:
Anwaltskanzlei Dr. Sandra Flämig – Rechtsanwältin – Fachanwältin für Arbeitsrecht
Stockholmer Platz 1, 70173 Stuttgart
Tel.: + 49 711 35 108 34 – Fax: + 49 711 350 95 60
Email:flaemig@kanzlei-flaemig.deURL.: www.kanzlei-flaemig.de