Nichts geht mehr – fristlose Kündigung als letztes Mittel
Eine fristlose Kündigung ist immer dann gerechtfertigt, wenn dem Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer eine Zusammenarbeit bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist beim besten Willen nicht zugemutet werden kann.
Es muss sich also um Vertragsverstöße handeln, die das Vertrauensverhältnis derart beschädigen der zerstören, dass es sich nicht mehr „kitten“ lässt.
Sie brauchen einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung
Zunächst einmal benötigen Sie einen Kündigungsgrund. Der andere Teil des Arbeitsvertrages muss gegen den Arbeitsvertrag oder gegen Nebenpflichten bzw. gegen Gesetze verstoßen haben. Man kann also nicht einfach so drauflos kündigen. Insbesondere Arbeitnehmer sind immer wieder erstaunt darüber, dass sie bei einem tollen neuen Jobangebot und einer langen ordentlichen Kündigungsfrist im „alten“ Arbeitsverhältnis nicht einfach fristlos kündigen können. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten dieselben Regeln.
Gibt es einen Katalog an Gründen?
Es gibt keine katalogisierten Kündigungsgründe. Zwar haben sich über die Jahre natürlich Fallgruppen entwickelt. Dennoch ist jeder Fall einzigartig. Sie müssen also zunächst den konkreten Verstoß ganz sauber heraus arbeiten. Dazu ist es notwendig, auf jedes Detail zu achten und dies alles zu dokumentieren. Denken Sie daran, dass Zeugen das schlechteste Beweismittel sind und dass derjenige, der sich auf die Wirksamkeit der Kündigung beruft auch die Darlegungs- und Beweislast hat. Sie müssen also sehr sorgfältig arbeiten. Der Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten muss das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigen. Der klassische Diebstahl wäre so ein Verstoß oder immer wieder zu spät kommen oder Beleidigungen von Mitarbeitern und Vorgesetzten etc.
Fälle einer fristlosen Kündigung
Die Beeinträchtigung kann sich im Leistungsbereich und/oder im Vertrauensbereich ergeben, wenn es sich um eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung handelt. Es ist aber auch denkbar, außerordentliche Kündigungen aus betriebs- oder personenbedingten Gründen auszusprechen. Das kann etwa der Fall sein, wenn es sich um Mitarbeiter handelt, denen man aufgrund einer Regelung im Tarifvertrag nicht mehr ordentlich kündigen darf.
Der wichtige Grund muss so massiv sein, dass es dam Arbeitgeber auch unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers nicht mehr zugemutet werden kann, dass er das Arbeitsverhältnis auch nur einen weiteren Tag fortsetzt. Daran wird deutlich, dass es sich um einen massiven Verstoß handeln muss.
Abmahnung vor der fristlosen Kündigung erforderlich?
In der Regel ist vor dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung eine einschlägige Abmahnung erforderlich. Auch dies gilt für beide Seiten. Der Vertragspartner soll sich bewusst werden, dass sein Verhalten das Vertrauensverhältnis beschädigt und vertragliche Pflichten verletzt und sich im besten Fall ändern können. Das heißt, es muss sich um eine Abmahnung aus demselben Pflichtenkreis handeln und nicht um etwas völlig anderes.
Bei ganz massiven Verstößen, bei denen der Vertragspartner davon ausgehen kann, dass diese nicht geduldet werden, ist eine Abmahnung nicht erforderlich (z.B. Straftaten, wobei auch schon der Diebstahl geringwertiger Sachen zur fristlosen Kündigung berechtigen kann). Doch auch hier gilt es, den Einzelfall zu betrachten. Das tut das Gericht auch.
Milderes Mittel
Es stellt sich bei jeder Kündigung die Frage, ob es nicht noch ein milderes Mittel gibt, wie beispielsweise eine weitere Abmahnung, eine Versetzung, eine Änderungskündigung etc.
Interessenabwägung
Wie schon erwähnt, ist nach Feststellung des Kündigungsgrundes und der Beweissicherung, Dokumentaion der Beweise, Vorlage der einschlägigen Abmahnung/en auch zu prüfen, ob die Interessen des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses wirklich gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers überwiegen. Dabei spielt eine Rolle:
- Störungsfreier Verlauf des Arbeitsverhältnisses bisher
- Alter
- Betriebszugehörigkeit
- Unterhaltsverpflichtungen
- Auswirkungen des Pflichtverstoßes auf den anderen Teil
- Wiederholungsgefahr etc.
Welche Fristen sind einzuhalten?
Wichtig ist es für den Kündigenden, dass er nur innerhalb von 2 Wochen ab Kenntnis vom Kündigungsgrund die fristlose Kündigung aussprechen kann. Muss er einen komplizierten Sachverhalt ermitteln, beginnt die Frist zu laufen, wenn alle für die Entscheidung wichtigen Fakten bekannt sind.
Die hilfsweise ordentliche Kündigung
Zu raten ist, dass zusätzlich zur fristlosen „hilfsweise“ auch noch die ordentliche Kündigung erklärt wird. Sollte dies einmal vergessen worden sein, gibt es noch die Möglichkeit, die außerordentliche Kündigung umzudeuten in eine ordentliche Kündigung. Das ist in Betrieben mit Betriebsrat aber nur möglich, wenn der BR auch zur ordentlichen Kündigung angehört wurde. Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören.
Ist dies der Fall oder gibt es keinen Betriebsrat, dann kann die Umdeutung einer fristlosen in eine ordentliche Kündigung dann erfolgen, wenn aus der Kündigungserklärung abzuleiten ist, dass der Kündigende das Arbeitsverhältnis auf jeden Fall beenden möchte und dem anderen Teil das auch erkennbar war. In der Regel wird dies der Fall sein. Jedoch würde ich immer dazu raten, lieber vorsorglich noch einmal hilfsweis ordentlich zu kündigen.
Über die Autorin:
Dr. Sandra Flämig ist Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Stuttgart.
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