Gleichbehandlung – Oft missverstanden
Vielfach wird angenommen, der Arbeitgeber muss dem einen Arbeitnehmer geben, was er auch dem anderen gegeben hat (z.B.: ein Arbeitnehmer bekommt einen Tag Sonderurlaub, weil die Mutter krank ist, der andere bekommt ihn nicht). Dieses Beispiel ist für sich genommen, laut Arbeitsrecht, noch kein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung. Denn Arbeitgeber und Arbeitnehmer können bilateral regeln, was sie wollen. Es herrscht grundsätzlich (d.h. abgesehen von zahlreichen Ausnahmen) Vertragsfreiheit.
Gleichbehandlungsgrundsatz bedeutet:
- Verbot von Willkür,
- Verbot grundloser Ungleichbehandlung einzelner Arbeitnehmer gegenüber einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer
Wann gibt es die Pflicht zur Gleichbehandlung
Wenn der Arbeitgeber für eine bestimmte GRUPPE von vergleichbaren Arbeitnehmern eine bestimmte Leistung (z.B. Fahrgeld, Weihnachtsgeld, Sonderurlaub bei Heirat etc.) gewährt und sie einem anderen Arbeitnehmer, der zu dieser (Vergleichs)gruppe gehört, grundlos verwehrt, dann handelt es sich um einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt die Begünstigung von weniger als 5 % der insgesamt betroffenen Arbeitnehmer jedoch noch keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz, also die Pflicht zur Gleichbehandlung, hat daher folgende Voraussetzungen:
- Vergleichsgruppe muss vorhanden sein. Das sind Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden. Das können auch alle Arbeitnehmer des Betriebes sein.
- Vergleichbar bedeutet dabei nicht „wie ein Ei dem anderen“. Das gibt es in der Regel nicht. Es muss sich laut Recht um „wesentliche Vergleichbarkeit“ handeln. Das sind zum Beispiel Arbeitnehmer, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben.
- Der Arbeitgeber muss eine für diese Gruppe einheitliche Regelung geschaffen haben. Beispiel: „Alle bekommen Weihnachtsgeld.“
- Der Benachteiligte ist Arbeitnehmer des betroffenen Arbeitgebers.
- Die Benachteiligung erfolgt ohne sachlichen Grund.
- Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nicht nur für den Betrieb. Er ist unternehmensbezogen.
Will der Arbeitgeber vom Gleichbehandlungsgrundsatz abweichen, muss er darlegen und beweisen, dass er sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung eigentlich gleich zu behandelnder Arbeitnehmer hat.
Im Wesentlichen kommt es darauf an, dass der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer nicht grundlos benachteiligt.
Rechtsfolge bei Ungleichbehandlung
Eine arbeitsvertragliche Einheitsregelung, Gesamtzusage oder Betriebsvereinbarung, die gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt ist hinsichtlich dieses Teils unwirksam. Das heißt aber nicht, dass alle Arbeitnehmer, die von der Regelung begünstigt waren, nun in die Röhre schauen. Vielmehr ist es so, dass die Arbeitnehmer, die bisher schlechter gestellt waren, nun die Vergünstigten bekommen. Die Anpassung erfolgt also „nach oben“.
Über die Autorin:
Dr. Sandra Flämig ist Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Stuttgart.
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