Einem Unternehmenskauf sind in aller Regel umfangreiche, zumeist kosten- und zeitintensive Prüfungen des Zielunternehmens („Due Diligences“) als Grundlage für die Investitionsentscheidung vorgeschaltet. Diese Phase im Vorfeld der eigentlichen Transaktion ist insbesondere auf Seiten des potenziellen Käufers ggf. mit nicht zu unterschätzendem finanziellen Aufwand verbunden und rechtlich wenig reguliert. Vor diesem Hintergrund wird bei nahezu allen Unternehmenstransaktionen ein so genannter Letter of Intent („LoI“) i.S. einer Absichtserklärung, in dem die Eckpunkte und der Zeitplan der geplanten Transaktion sowie die Rahmenbedingungen der Due Diligence und der Verhandlungen festgelegt werden. Die Ausgestaltung des LoI ist dabei vielschichtig und von der konkreten Unternehmenstransaktion abhängig. Zumeist sind die Regelungen als bloße Absichtsbekundungen unverbindlich, allerdings finden sich im LoI regelmäßig auch einzelne rechtlich bindende Bestimmungen. So werden von den Parteien z. B. verpflichtende Regelungen zur Vertraulichkeit im Umgang mit den zu prüfenden Unterlagen sowie einer etwaigen Exklusivität gewünscht. Darüber hinaus kann ein Interesse bestehen, dass auch die Folgen eines plötzlichen Abbruchs der Verhandlungen durch eine Partei geregelt werden. Gerade, wenn „im Vertrauen“ auf einen Fortgang der Verhandlungen eine aufwendige Due Diligence initiiert wurde, rückt die Frage ins Blickfeld, ob nicht im Falle der vorzeitigen und unerwarteten Abstandnahme von der Transaktion durch die andere Partei diese nicht wenigstens einen Teil der bis dahin aufgelaufenen Beraterkosten mitübernimmt. Eine solche Kostenübernahme wäre nach der Rechtsprechung ohne Regelung allenfalls dann zu leisten, wenn eine Partei in zurechenbarer Weise durch Schaffung eines qualifiziert-faktischen Vertrauenstatbestandes (z.B. durch Täuschung) den Eindruck erweckt, es werde mit Sicherheit zu einem Vertragsschluss kommen, und sie dann trotzdem ohne vernünftigen Grund die Verhandlungen abbricht.
Umgekehrt mag die abbruchwillige Partei eine solche Kostenbeteiligung oder eine pauschal vereinbarte „Break-Up-Fee“ als faktische Verpflichtung zur Fortsetzung der Transaktion empfinden, was wiederum im Falle der notariellen Beurkundungspflicht der Transaktion (z.B. aufgrund von § 311 b Abs. 1, 3 beim Asset Deal oder § 15 Abs. 4 GmbHG beim Share Deal) die Frage aufwirft, ob nicht auch der LoI bei einer solchen Regelung notariell zu beurkunden wäre. Wird eine entsprechende Beurkundung unterlassen, kann in der Folge ggf. der gesamte LoI wegen Formverstoßes nichtig sein.
Entsprechende Konstellationen waren auch bereits Gegenstand der Rechtsprechung. So hatte beispielsweise das OLG München (Urteil vom 19.09.2012 – 7 U 736/12) im Zuge eines beabsichtigten Kaufs eines GmbH-Geschäftsanteils darüber zu entscheiden, ob und inwieweit eine Beurkundungspflicht für eine Absichtserklärung besteht, welche die einseitige Erstattung von im Rahmen einer Unternehmensprüfung anfallender Kosten zum Gegenstand hat; unabhängig davon, welche Partei die Verhandlungen beendet. Hier war allerdings die Besonderheit vereinbart, dass die Erstattungspflicht auf eine bestimmte Höchstsumme begrenzt war und die berechtigte Partei nur die nachgewiesenen, angemessenen und tatsächlich entstandenen Kosten geltend machen konnte. Letztlich führte diese Fokussierung auf einen bestimmten, real angefallenen Kostenrahmen und die zudem vorgenommene zeitliche und betragsmäßige Begrenzung der Erstattungspflicht auch zu der Annahme des Gerichts, dass im konkreten Fall mit der Absichtserklärung keine Verpflichtung eingegangen worden sei, die unmittelbar beurkundungspflichtige Geschäfte zum Gegenstand hat. Auch die einseitige Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung der Kosten im Fall des Scheiterns, stellte für sich allein gesehen keinen Nachteil dar, mit dem der Verpflichtete faktisch zum Abschluss des Vertrages gezwungen worden wäre. Die einseitige Ausgestaltung der Kostenerstattungsklausel erfolgte insoweit im Rahmen der Vertragsfreiheit.
Demgegenüber wird man die Konstellation, in der in einem LoI ein pauschaler Aufwendungsersatz bzw. eine genau festgelegte Break-Up-Fee als „Entschädigung“ bei Abbruch der Verhandlungen geschuldet ist, nicht ohne weiteres mit dem vom OLG München entschiedenen Sachverhalt gleichsetzen dürfen. Vielmehr besteht bei einer pauschalen Entschädigungssumme, die unabhängig vom tatsächlichen Aufwand im Falle einer Abstandnahme von der Transaktion zu leisten wäre, ein hohes Risiko, dass eine solche Vereinbarung zur Beurkundungspflicht eines LoI und damit im Falle der Nichtbeurkundung zur Nichtigkeit führt, da diese – gerade wenn sie der Höhe nach „empfindlich“ ist – einen mittelbaren Zwang zum Abschluss des notariell zu beurkundenden Hauptgeschäftes begründet. Insoweit wäre der Fall mit den Szenarien der Erteilung einer beurkundungspflichtigen unwiderruflichen Vollmacht oder mit solchen Maklerverträgen vergleichbar, die über hohe Vertragsstrafen, Aufwandsentschädigungen oder Reservierungsentgelte bei Nichtabschluss des vermittelten Kaufvertrages die Entschlussfreiheit des Auftraggebers beschränken und damit beurkundungspflichtig wären. Im Ergebnis sollte bei etwaigen Zweifeln eine frühzeitige Einbindung eines Notars oder anwaltlichen Beraters erfolgen, damit auch im Vorfeld einer Transaktion die nötige Rechtssicherheit gewährleistet ist.
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Dr. Andreas Blunk, MLE
Rechtsanwalt und Notar
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Berliner Allee 26
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