Gemeinsame Erklärung von Bundesagentur für Arbeit, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städtetag
Für eine gute Mittelausstattung der Jobcenter
Einfach war es für die Jobcenter mit ihrem sozial- und arbeitsmarktpolitischen Auftrag noch nie. Der Übergang der ukrainischen Geflüchteten in die Grundsicherung für Ar-beitsuchende, die Bewältigung der Energiekrise und die Umsetzung des Bürgergeldes haben die besonderen Herausforderungen deutlich gemacht und dabei die strukturel-len Defizite bei der Finanzausstattung der über 400 Jobcenter umso mehr erkennbar werden lassen. Als Träger der Jobcenter – sowohl der gemeinsamen Einrichtungen als auch der kommunalen Jobcenter – erheben die kommunalen Spitzenverbände und die Bundesagentur für Arbeit gemeinsam folgende Forderungen:
Zusätzliche Aufgaben erfordern zusätzliches Geld
Den Jobcentern müssen auskömmliche Finanzmittel zur Verfügung stehen. Mit dem Bürgergeld-Gesetz wird der gesetzliche Auftrag der Jobcenter, der gerade erst um die Betreuung der Ukraine-Vertriebenen erweitert worden ist, erneut deutlich verändert und ausgeweitet. Damit die Jobcenter langzeitarbeitslose Menschen den Zielsetzungen des Bürgergeld-Gesetzes gemäß noch besser betreuen und in Arbeit integrieren können, benötigen sie sowohl im Verwaltungskosten- als auch im Eingliederungsmittelbudget entsprechende finanzielle Ressourcen. Das jeweilige Budget, das den Jobcentern zur Verfügung gestellt wird, muss für die Erfüllung ihrer anspruchsvollen Auf-gaben ausreichend sein.
Vor diesem Hintergrund ist die für das Jahr 2023 erfolgte Kürzung der Verwaltungs-kosten nachdrücklich zu kritisieren: Sie treibt die Jobcenter nur umso stärker in die Notwendigkeit, Mittel zur Eingliederung Langzeitarbeitsloser in den Verwaltungskostentitel umzuschichten. In diesem Jahr planen die meisten Jobcenter mit einer Um-schichtung von über einer halben Milliarde Euro, was einer Verdopplung im Vergleich zum letzten Jahr entspricht. Dies schränkt die Handlungsmöglichkeiten der aktiven Arbeitsmarktpolitik noch weiter ein.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass mit dem 2019 in Kraft getretenen Teilhabechancengesetz Instrumente eingeführt wurden, die langfristig angelegt sind und damit auch dauerhaft Finanzmittel binden. Für bereits eingegangene Verpflichtungen sind deshalb zwingend ausreichende Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen, um eine Konkurrenzsituation zwischen arbeitsmarktnäheren Kundinnen und Kunden, die beispielsweise eine Qualifizierung brauchen, und arbeitsmarktfernen Menschen, für die eine geförderte Beschäftigung in Frage kommt, zu vermeiden.
Diese Problematik ist von grundsätzlicher Bedeutung und daher nicht nur für den Haushalt 2023 relevant, sondern mit Blick auf kommende Haushaltsjahre zu beach-ten.
Ukrainische Geflüchtete erfordern zugleich mehr Personal
Darüber hinaus erfordert insbesondere die Integration der ukrainischen Geflüchteten zusätzliches Personal. In einzelnen Jobcentern hat sich der Bestand der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten um bis zu 30 Prozent erhöht – bei gleichzeitig zurückgehenden Haushaltsmitteln.
Vor diesem Hintergrund müssen zusätzliche Finanzmittel in Relation zur Anzahl an ukrainischen Flüchtlingen pro Jobcenter (Fallzahlveränderung im Vergleich zu 2021) verteilt werden. Ein solcher Verteilmaßstab hatte bereits während der Migrationsbewegungen 2015/16 bei der Verteilung von Zusatzmitteln in Bezug auf vor allem syrische Flüchtlinge Anwendung gefunden.
Grundausstattung für die Jobcenter
Die Verteilung dieser Haushaltsmittel auf die Jobcenter erfolgt bisher nach dem Anteil der Bedarfsgemeinschaften des jeweiligen Jobcenters. Dieser proportionale Maßstab lässt die Grundkosten eines Jobcenters außer Acht, die durch das SGB II gesetzlich vorgegeben sind. Unabhängig von der Zahl der Beschäftigten im Jobcenter müssen für diese gesetzlich vorgegebenen Funktionen der Geschäftsführung, der oder des Beauftragten für den Haushalt, der Personalvertretungen und Gleichstellungsbeauftragen sowie der oder des Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt Personalstellen vorgehalten werden.
In der Folge ergibt sich ein Grundbedarf an Verwaltungsmitteln, der unabhängig von der Zahl der zu betreuenden Personen anfällt. Dieser Grundbedarf sollte jedem Jobcenter unabhängig von der Zahl der zu betreuenden Haushalte zugeteilt werden. Außerdem sollte die Zusammenarbeit benachbarter Jobcentern vereinfacht und attraktiver werden.
Wir fordern die Bundespolitik auf, den berechtigten Anliegen der Jobcenter nach einer auskömmlichen Mittelausstattung zu entsprechen und deren Bedarfe anzuerkennen. Beim Bürgergeld handelt es sich um das zentrale Sozialsystem für derzeit 5,7 Millionen Menschen. Ihnen eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu bieten, um den Lebensunterhalt unabhängig von staatlichen Transferleistungen sichern zu können, ist ein wesentliches Ziel deutscher Sozialpolitik. Um diesem Auftrag gerecht werden zu können, brauchen die Jobcenter ideale Bedingungen in finanzieller und personeller Hinsicht.
Nürnberg/Berlin, im Juni 2023
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