Dienstverpflichtung der Beamtinnen und Beamten versus Kinderbetreuung: Wann darf ein Beamter wegen Kinderbetreuung vom Dienst fernbleiben?

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Dieser Beitrag wurde maßgeblich gemeinsam mit unserer Expertin im Beamtenrecht, Kristina Knauber, verfasst.

Beamtinnen und Beamte haben grundsätzlich die Verpflichtung, sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Aus dieser Dienstleistungspflicht folgt, dass sie nicht ohne Genehmigung ihres Dienstherrn vom Dienst fernbleiben dürfen. Diese Verpflichtung gilt selbstverständlich auch in der aktuellen Situation.

Problematisch ist jedoch, dass aufgrund der Schul- und Kindergartenschließungen viele Beamtinnen und Beamte nicht wissen, wie sie die Kinderbetreuung organisieren sollen. Ist es in diesem Fall vertretbar, einfach dem Dienst fernzubleiben?

Grundsätzlich natürlich nicht. Jede Beamtin und jeder Beamte hat die Verpflichtung, zum ordnungsgemäßen Dienstablauf beizutragen. Sollten jedoch zwingende Gründe vorliegen, die den Beamten daran
hindern, seiner (Vor-Ort-)Dienstleistungsverpflichtung nachzukommen, ist in Absprache mit dem Dienstherrn zu prüfen, welche Maßnahmen getroffen werden können, um die Dienst- und die Kinderbetreuungspflicht zu erfüllen.
Dieser Situation kann beispielsweise durch mobile oder flexible Arbeits(zeit)modelle Rechnung getragen werden.

Für Bundesbeamte hatte das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) am 16. März 2020 ein Rundschreiben verfasst, nach welchem aufgrund der flächendeckenden Schließung von Schulen und Betreuungseinrichtungen für Kinder
Folgendes festgehalten wurde:

„Beamtinnen und Beamten sowie Tarifbeschäftigten kann unter den nachfolgend genannten Voraussetzungen zum Zwecke der Kinderbetreuung zeitlich befristet bis einschließlich 9. April 2020 Sonderurlaub unter Fortzahlung der Bezüge nach § 22 Absatz 2 SUrlV bzw. eine Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21 TVöD von insgesamt bis zu 10 Arbeitstagen gewährt werden:

  • Tatsächliche Schließung einer Gemeinschaftseinrichtung, wie Kindertagesstätte, Tagesgroßpflegestelle, Eltern-Kind-Initiative (o. ä.) oder Schule, in Reaktion auf die Ausbreitung von „Covid-19“.
  • Die von der Schließung betroffenen Kinder sind unter 12 Jahre alt.
  • Eine alternative Betreuung des Kindes bzw. der Kinder kann ansonsten nicht sichergestellt werden.
  • Es stehen der Gewährung keine dienstlichen Gründe entgegen.

Die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens sind vorrangig zu nutzen.

Sofern die wöchentliche Arbeitszeit anders als auf 5 Arbeitstage verteilt ist, erhöht oder vermindert sich der Anteil entsprechend.

Die jeweilige Dienststelle hat innerhalb dieses Rahmens über den notwendigen Umfang nach Maßgabe aller bekannten Tatsachen eigenverantwortlich zu entscheiden.

In besonderen Härtefällen kann der Arbeitgeber ausnahmsweise über die Grenze von 10 Arbeitstagen hinaus eine Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21 TVöD gewähren bzw. einer Beamtin oder einem Beamten Sonderurlaub unter Fortzahlung der Bezüge nach § 22 Absatz 2 SUrlVO gewähren.“

Mit Rundschreiben vom 07. April 2020 wurde noch Folgendes klargestellt:

„Sonderurlaub unter Fortzahlung der Bezüge nach § 22 Abs. 2 der Verordnung über den Sonderurlaub für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte sowie für Richterinnen und Richter des Bundes (SUrlV) bzw. eine Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21 TVöD von insgesamt bis zu zehn Arbeitstagen auf Grundlage des Rundschreibens kann zeitlich befristet bis einschließlich 9. April 2020 auch in folgenden Fällen gewährt werden:

  • Zum Zwecke der Kinderbetreuung für Kinder mit Behinderungen, die auf Hilfe angewiesen sind, unabhängig von deren Alter.
  • Zum Zwecke der Betreuung von nahen pflegebedürftigen Angehörigen i. S. d. § 7 Abs. 3 des Pflegezeitgesetzes bei einer Schließung der voll- oder teilstationären Pflegeeinrichtung in Reaktion auf die Ausbreitung von „Covid-19“.

Die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens sind vorrangig zu nutzen. Die Dienststellen können bei ihrer Entscheidung über die Gewährung von bezahltem Sonderurlaub bzw. einer bezahlten Arbeitsbefreiung positive Arbeitszeitsalden (Mehrarbeit-, Überstunden und Gleitzeitguthaben) berücksichtigen und bezahlten Sonderurlaub bzw. eine bezahlte Arbeitsbefreiung für die hier ergänzten Fälle wie auch für die im Rundschreiben aufgeführten Fälle erst dann gewähren, wenn derartige Guthaben abgebaut sind.“

Darüber hinaus wurden in dem Rundschreiben vom 07.04.2020 Regelungen zur Möglichkeit des Sonderurlaubs ab dem 10.04.2020 getroffen. Befristet bis zum 31.12.2020 kann weiterhin Sonderurlaub unter Fortzahlung der Bezüge nach § 22 Abs. 2 SUrlV von bis zu 20 Arbeitstagen (bei einer Fünf-Tage-Woche) gewährt werden. Dienstliche Gründe dürfen hierbei nicht entgegenstehen. Die Voraussetzungen sind hierfür unter anderem:

  • „Tatsächliche Schließung einer voll- oder teilstationären Pflegeeinrichtung in Reaktion auf die Ausbreitung von „Covid-19“,
  • eine alternative Betreuung des nahen Angehörigen i. S. d. § 7 Abs. 3 des Pflegezeitgesetzes kann ansonsten nicht sichergestellt werden.“

Außerdem bestimmt das Rundschreiben:

„Die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens sind vorrangig zu nutzen. Positive Arbeitszeitsalden (Mehr-
arbeit-, Überstunden und Gleitzeitguthaben) sind vorrangig abzubauen. Die jeweilige Dienststelle hat darüber nach Maßgabe aller bekannten Tatsachen eigenverantwortlich zu entscheiden.

Bei Beamtinnen und Beamten dürfen der Gewährung des Sonderurlaubs keine dienstlichen Gründe entgegenstehen.

Der Sonderurlaub bzw. die Arbeitsbefreiung müssen nicht zusammenhängend genommen werden. Es ist möglich einzelne Tage in Anspruch zu nehmen. Es können auch halbe Sonderurlaubstage bzw. Arbeitsbefreiungstage gewährt werden.“

In jedem Fall sollten betroffene Beamtinnen und Beamte in engem Austausch mit ihrem Dienstherrn stehen und Veränderungen der Situation mit diesem besprechen. Ein nicht abgesprochenes Fernbleiben vom Dienst kann ansonsten disziplinarrechtliche Konsequenzen für den Beamten nach sich ziehen.

von Dennis Hillemann

Rechtsanwalt bei KPMG Law

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