Coronavirus – aktuelle Fragen und Antworten auf einen Blick

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Der Ausbruch von COVID-19 hat nach Aussage der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Pandemie-Potential. Die Zahl der Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 (Coronavirus) steigt täglich an. Doch nicht nur die gesundheitlichen Folgen der Infektionskrankheit wiegen schwer, auch die wirtschaftlichen Folgen treten bereits jetzt deutlich sichtbar zutage. Uns erreichen täglich Anfragen von Mandanten, die in den verschiedensten Konstellationen vom Ausbruch von COVID-19 betroffen sind und mit unterschiedlichen rechtlichen Fragestellungen konfrontiert sind. Wir stellen Ihnen die häufigsten Konstellationen mit den relevanten rechtlichen Fragestellungen und unserer rechtlichen Einschätzung gern zur Verfügung und aktualisieren unsere Zusammenstellung täglich, um Sie in dieser Zeit bestmöglich zu unterstützen.

I. Sie sind Arbeitgeber und wollen wissen, welche Maßnahmen Sie im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 ergreifen dürfen und müssen?

1. Welche Schutzmaßnahmen kann der Arbeitgeber anweisen?

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht zu Gunsten seiner Arbeitnehmer verpflichtet, geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um seine Arbeitnehmer vor einer Infektion zu schützen. Welche Maßnahmen dies sind, hängt vom Einzelfall ab, generell lässt sich aber Folgendes festhalten:

  • Zum Schutz der restlichen Belegschaft kann der Arbeitgeber für Arbeitnehmer, die sich in einem der besonders betroffenen Gebiete aufgehalten haben, soweit möglich, solange Home-Office anordnen oder sie solange (bezahlt) von der Arbeitspflicht freistellen, bis geklärt ist, ob sich der betroffene Arbeitnehmer infiziert hat oder nicht (siehe unten). Diese Möglichkeit besteht auch ohne eine entsprechende behördliche Quarantäneanordnung.
  • Weist ein Arbeitnehmer Anzeichen einer Infektion auf, kann er den Arbeitnehmer anweisen, einen Arzt zur Abklärung einer Infektion aufzusuchen. Weigert sich der Arbeitnehmer dem nachzukommen, kommt ebenfalls eine Freistellung in Betracht.
  • Ferner kann der Arbeitgeber auch allgemeine betriebliche Verhaltensanweisungen erteilen (Niesetikette, Anweisung zum Händewaschen etc.), wobei hier entsprechende Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten sind (z.B. gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG).

Soweit nicht ohnehin die jeweiligen Maßnahmen mitbestimmungspflichtig sind, kann der Arbeitgeber entsprechende Anordnungen aufgrund seines Direktionsrechts erlassen. Weigert sich ein Arbeitnehmer, solchen Anordnungen Folge zu leisten, kann dies ggf. arbeitsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

2. Können Arbeitgeber einseitig eine Tätigkeit im Home-Office anordnen? Was gilt bei Betriebsschließungen?

Zwar kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts nach Maßgabe der Regelungen im Arbeitsvertrag den Ort der Arbeitsleistung grundsätzlich einseitig festlegen. Da aber eine Tätigkeit im Home-Office auch die persönliche Sphäre des Arbeitnehmers betrifft, wird hierzu regelmäßig eine entsprechende Vereinbarung erforderlich sein, ohne dass einseitige Anordnungen durch den Arbeitgeber möglich sind, soweit nicht schon in der Vergangenheit im Unternehmen Tätigkeiten im Home-Office möglich waren.

Hinzu kommt, dass eine Tätigkeit im Home-Office typischerweise nur bei Tätigkeiten möglich ist, die nicht aufgrund ihrer Eigenart die Anwesenheit an einem bestimmten Arbeitsplatz erfordern (d.h. wohl nur bei Bürotätigkeiten). In diesem Fall hat aber der Arbeitgeber den Arbeitnehmer entsprechend mit Arbeitsmitteln (PC/Notebook, Telefon etc.) auszustatten; der Arbeitnehmer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, sich die erforderlichen Arbeitsmittel selbst zu beschaffen.

Kommt eine Anordnung von Tätigkeiten im Home-Office nicht in Betracht, so bleibt dem Arbeitgeber im Fall des Falles nur, die Arbeitnehmer anzuweisen, ohne Arbeitsleistung zu Hause zu bleiben, d.h. sie vorübergehend von der Arbeit unter Fortzahlung der geschuldeten Vergütung freizustellen. Eine Anordnung unbezahlten Urlaubs oder sonstiger Arbeitsfreistellungen ohne Entgeltfortzahlung kommt hingegen nicht in Betracht. Denkbar ist aber, dass der Arbeitgeber den Abbau von Zeitguthaben anordnet.

Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnet. Dies setzt aber voraus, dass er hierzu aufgrund von Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag (oder ggf. entsprechender arbeitsvertraglicher Regelung) berechtigt ist. Ferner sind etwa bestehende Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten.

3. Können Arbeitnehmer, die befürchten sich am Arbeitsplatz zu infizieren, der Arbeit fernbleiben bzw. aufgrund eigener Entscheidung im Homeoffice arbeiten?

Arbeitnehmer, die nicht arbeitsunfähig erkrankt sind, dürfen der Arbeit nicht ohne weiteres fernbleiben. Insbesondere die bloße Besorgnis einer Infektion reicht nicht als Grund für ein fernbleiben von der Arbeit.

Allerdings besteht die Pflicht, am Arbeitsplatz zu erscheinen, nur, soweit nicht eine konkrete Ansteckungsgefahr besteht, z.B. weil Kollegen tatsächlich infiziert sind.

Auch sind Arbeitnehmer, die nicht ohnehin eine Home-Office-Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber getroffen haben oder deren Arbeitgeber Tätigkeiten von außerhalb des betrieblichen Arbeitsplatzes akzeptiert, nicht ohne Zustimmung des Arbeitgebers berechtigt, nach eigenem Ermessen von zu Hause aus zu arbeiten. Hier ist grundsätzlich eine entsprechende Regelung mit dem Arbeitgeber erforderlich, zumal nicht jede Tätigkeit Home-Office-tauglich ist.

4. Kann der Arbeitgeber Dienstreisen in Risikogebiete anordnen?

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber – im Rahmen des arbeitsvertraglich vereinbarten – Dienstreisen aufgrund seines Direktionsrechts (§106 GewO) anordnen, soweit dies „billigem Ermessen“ entspricht, d.h. eine Interessenabwägung ergibt, dass keine überwiegenden Interessen des Arbeitnehmers einer solchen Anordnung entgegenstehen.

Droht dem Arbeitnehmer bei Durchführung einer Dienstreise eine erhebliche Gefährdung, so entspricht eine solche Anordnung nicht mehr dem erforderlichen billigen Ermessen.

In Bezug auf Dienstreisen in Gebiete, für die eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt, ist davon auszugehen, dass hier keine Dienstreisen angeordnet werden können. Umgekehrt hat der Arbeitnehmer grundsätzlich Dienstreisen anzutreten, die Gebiete betreffen, für die nicht von einer erheblichen Gefährdung auszugehen ist.

Konkret würde dies bedeuten, dass derzeit z.B. keine Reisen in die betroffenen chinesischen Provinzen oder in die italienischen Regionen Lombardei oder Venetien angeordnet werden können, in andere Landesteile aber schon.

Verweigert der Arbeitnehmer zu Unrecht eine Dienstreise, so kann dies ggf. mit arbeitsrechtlichen Sanktionen belegt werden. Allerdings sollte der Arbeitgeber in der gegenwärtigen Situation bei Dienstreisen in nicht unmittelbar betroffene Gebiete der betroffenen Länder (v.a. China und Italien) nur solche Dienstreisen anordnen, die zum jetzigen Zeitpunkt unbedingt erforderlich sind, um hier weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden.

5. Welche Ansprüche haben Arbeitnehmer aufgrund fehlender Betreuungsmöglichkeiten (geschlossener Kindergarten etc.) der Arbeit fernzubleiben?

Für den Fall, dass Arbeitnehmer ein erkranktes Kind zu Hause betreuen müssen, haben sie pro Jahr für bis zu zehn Tage Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dies gilt aber nicht, wenn das Kind nicht erkrankt ist, aufgrund entsprechender Schutzmaßnahmen aber z.B. der Kindergarten geschlossen bleibt. In diesem Fall kommt nur ein Fortzahlungsanspruch gem. § 616 BGB in Frage.

6. Sind Arbeitnehmer verpflichtet, den Arbeitgeber über eine Ansteckung zu informieren? Wie weit sind umgekehrt Unternehmen verpflichtet, ihre Belegschaft über Infektionen zu informieren?

Arbeitnehmer sind im Krankheitsfall nur verpflichtet, sich arbeitsunfähig krank zu melden, müssen aber zur Erkrankung selbst grundsätzlich keine Angaben machen.

Hiervon besteht aber dann eine Ausnahme, wenn es sich um Erkrankungen handelt, die weitere Arbeitnehmer gefährden, d.h. dem Risiko einer Infektion durch den erkrankten Arbeitnehmer aussetzen können. In diesem Fall ist der erkrankte Arbeitnehmer dann verpflichtet, den Arbeitgeber hiervon in Kenntnis zu setzen, damit dieser in der Lage ist, zugunsten der übrigen Belegschaft entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Aufgrund des hohen Ansteckungsrisikos sowie der durch eine Infektion mit dem Coronavirus vermittelten Gesundheitsrisiken ist aber von einer Pflicht erkrankter Arbeitnehmer auszugehen, ihren Arbeitgeber entsprechend zu informieren.

Umgekehrt ist der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht gehalten, die Belegschaft über aufgetretene Infektionen zu informieren, insbesondere wenn sich aus den betrieblichen Gegebenheiten Ansteckungsrisiken für andere Arbeitnehmer ergeben. Hierbei ist der Arbeitgeber aber nicht ohne weiteres berechtigt, den Namen erkrankter Arbeitnehmer zu nennen. Vielmehr ist darauf hinzuweisen, dass Informationen über die Erkrankung bestimmter Personen als Gesundheitsdaten einem erhöhten Schutzniveau unterliegen. Deren Offenlegung kann nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erlaubt sein (vgl. Art. 9 Abs. 1; Abs. 2 DS-GVO, § 26 Abs. 3 BDSG). Vor einer Veröffentlichung des Namens oder anderer Informationen, die eine Identifizierung ermöglichen, muss daher kritisch geprüft werden, ob dies wirklich zwingend erforderlich ist. Dies kann im Einzelfall dann erforderlich sein, wenn ein Schutz anderer Mitarbeiter nicht durch ein anderes, milderes Mittel erreicht werden kann. Eine Offenlegung könnte daher ausnahmsweise zulässig sein, wenn sich der der erkrankte Mitarbeiter nicht an eine Anordnung zum vorübergehenden Fernbleiben hält oder Kollegen, die mit dem Erkrankten Kontakt hatten, informiert werden müssen und ebenfalls um Heimarbeit/Fernbleiben zum Schutz der weiteren Kollegen gebeten werden müssen. Dies aber nur dann, wenn dieses Ziel nicht auch anders, ggfs. auch mit höherem Aufwand, erreicht werden kann. In die Abwägung einzustellen ist auch die Frage, ob die Tatsache der Erkrankung den Kollegen (beispielweise aufgrund der Größe des Betriebes) nicht ohnehin schon bekannt ist.

7. Was gilt, wenn Arbeitnehmer aufgrund behördlicher Anordnung unter Quarantäne gestellt werden?

Soweit ein gesunder Arbeitnehmer aufgrund behördlicher Anordnung unter Quarantäne gestellt wird oder ein behördliches Tätigkeitsverbot ausgesprochen wurde, § 30, 31 IfSG, kommt ein Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber nicht in Betracht, da das Entgeltfortzahlungsgesetz eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit voraussetzt. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls beanspruchen. Diese Entschädigung ist vom Arbeitgeber für eine Dauer von maximal sechs Wochen für die Behörde auszuzahlen, d.h. der Arbeitgeber kann Erstattung der diesbezüglichen Auslagen verlangen, § 56 Abs. 1, Abs. 5 IfSG

8. Was gilt für Beamte und was muss ich als Behördenleiter wissen?

Der Dienstherr ist dazu verpflichtet, für das Wohl der Beamtinnen und Beamten (sowie deren Familien) zu sorgen. Er hat hierbei insbesondere das Leben und die Gesundheit der Beamten zu schützen. Nach der Rechtsprechung sind an einen sachgerechten Arbeitsschutz, den der Dienstherr dem Beamten aus Fürsorgegesichtspunkten schulde, grundsätzlich keine geringeren Anforderungen zu stellen als an die Schutzpflicht eines Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern. Hierzu gehört auch die Prävention von Krankheiten. Auf die o.g. Antworten, soweit sie sich auf diese Prävention beziehen, kann daher verwiesen werden. Im Einzelfall muss der Beamte, der z.B. in der Gefahrenabwehr tätig ist, auch bestimmte Gefahren für sich hinnehmen, soweit sie ihm zumutbar sind.

II. Sie planen, eine Veranstaltung abzusagen oder sind als Teilnehmer einer Veranstaltung von deren Absage betroffen?

1. Können Veranstalter wegen des Coronavirus Veranstaltungen absagen und welche rechtlichen Konsequenzen hat das?

Ob Unternehmen als Veranstalter eine geplante Veranstaltung absagen oder verschieben können und welche rechtlichen Konsequenzen dies hat, muss anhand der konkreten Verträge geprüft werden. Enthalten die abgeschlossenen Verträge Force-Majeure-Klauseln? Deckt die Klausel Epidemien, Pandemien oder ähnliche aktuelle Ereignisse ab?  Enthält der Vertrag weitere Klauseln, die zur Verlegung der Veranstaltung berechtigen?

Unternehmen, die Veranstalter sind, müssen für den Zeitpunkt der Absage oder der Verschiebung der Veranstaltung in jedem Einzelfall prüfen, ob ein Fall höherer Gewalt vorliegt, d.h. ob die Verbreitung des Coronavirus zu diesem Zeitpunkt als Epidemie eingestuft werden kann. Möglicherweise liegt dann auch ein Fall der Unmöglichkeit oder der Störung der Geschäftsgrundlage vor. Ob der Veranstalter berechtigt ist, die Veranstaltung abzusagen oder zeitlich zu verlegen, hängt daher vom Einzelfall ab und muss individuell überprüft werden.

2. Ist der Ausbruch von COVID-19 Höhere Gewalt (Force Majeure) und was bedeutet das?

Force Majeure (auch: höhere Gewalt) wird im deutschen Recht als betriebsfremdes, von außen kommendes Ereignis verstanden, welches unvorhersehbar ist und sich auch nicht mit äußerster Sorgfalt verhindern lässt. Force-Majeure-Klauseln in Verträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen orientieren sich regelmäßig an dieser Definition. Rechtlich bedeutet ein Vorliegen höherer Gewalt, dass der Leistungspflichtige grundsätzlich von seiner Pflicht zur Leistung frei wird bzw. sich Leistungsfristen verlängern.

Beispiele für höhere Gewalt sind Krieg, Naturereignisse, hoheitliche Anordnungen oder auch Epidemien (so die Rechtsprechung zum SARS-Virus in 2003). Ob ein Fall höherer Gewalt vorliegt, ist im Einzelfall zu prüfen. Enthält der Vertrag keine Force-Majeure-Klausel oder ist ein epidemischer Virenausbruch davon nicht erfasst, richten sich die Rechte und Pflichten des Lieferanten nach dem einschlägigen Gesetzesrecht.

So sieht zum Beispiel das UN-Kaufrecht im internationalen Warenverkehr eine eigene Force-Majeure-Regelung vor. Hiernach bestimmen sich im Einzelfall auch die den Lieferanten treffenden Pflichten, insbesondere hinsichtlich zumutbarer Mehraufwendungen und Ersatzleistungen.

Das BGB enthält keine gesonderte Force-Majeure-Regelung. Nach diesem kann der Lieferant von seiner Leistungspflicht aber befreit werden, wenn ihm die Leistungserbringung unmöglich ist. Gegebenenfalls kommt auch ein Wegfall der Geschäftsgrundlage im Einzelfall im Hinblick auf die Leistungsverpflichtung des Vertragspartners in Betracht.

3. Welche Handlungsoptionen habe ich als Teilnehmer einer abgesagten Veranstaltung?

Durch Teilnehmer ist bei Absage einer Veranstaltung zu prüfen, ob der Veranstalter nach dem Vertrag berechtigt ist, die Veranstaltung abzusagen oder zu verlegen und ob teilnehmende Unternehmen oder Personen gegebenenfalls Ansprüche geltend machen können. Außerdem sollten weitere Verträge mit Dritten, die im Zusammenhang mit der geplanten Veranstaltung (z.B. Reisekosten, Hotelbuchungen, Aufwendungen für Veranstaltungen) abgeschlossen wurden, im Hinblick auf Rücktritts-, Kündigungs- oder Änderungsmöglichkeiten überprüft werden, insbesondere im Hinblick darauf, ob Teilnehmer trotz der Absage der Veranstaltung und der Beendigung der Verträge mit weiteren Vertragspartnern weiterhin zur Zahlung aus diesen Verträgen verpflichtet sind oder noch vertragliche Möglichkeiten zur Stornierung bestehen.

4. Welche Handlungsempfehlungen gibt es im Zusammenhang mit der Absage von Veranstaltungen?

  • Zeitnahe Prüfung der Verträge (inklusive AGB) und Risikobewertung
  • Geltendmachung von Ansprüchen und erforderliche Dokumentation
  • Zeitnahe Benachrichtigung von Vertragspartnern und involvierten Dritten
  • Prüfung von Versicherungspolicen
  • Schadensmindernde Maßnahmen
  • Lösungen im Verhandlungswege und Streitvermeidung

III.  Ihre Supply Chain ist aufgrund des Coronavirus-Ausbruchs gestört? Sie sehen sich mit Ausfällen in der Lieferkette oder Lieferengpässen konfrontiert (Einkauf)?

1. Welche rechtlichen Folgen haben Störungen in der Supply Chain aufgrund des COVID-19-Ausbruchs (Ausfälle in der Lieferkette)?

Kommt es aufgrund des Coronavirus zu Ausfällen in der Lieferkette, wirkt sich dies auch auf den Einkauf eines Unternehmens aus. Für die Produktion erforderliche Lieferungen fallen aus. Hier stellt sich die Frage, was der Einkauf in dieser Situation von Lieferanten verlangen kann und wer finanziell für den Ausfall einzustehen hat. Ausgangspunkt einer rechtlichen Beurteilung sind die jeweiligen vertraglichen Regelungen, d.h. Rahmenverträge, Individualverträge und AGB samt Regelungen zu Force Majeure. Greift keine Force Majeure-Klausel, stellt sich die Frage der Vereinbarung und Wirksamkeit (AGB) eines Selbstbelieferungsvorbehalts. Zu prüfen sind weiter die Übernahme des Beschaffungsrisikos durch den Lieferanten, Garantien und Regelungen zu Alternativbeschaffungen.

Enthalten die Verträge mit dem Lieferanten keine entsprechenden Regelungen, greift das Gesetzesrecht. Hier gilt zu klären, ob UN-Kaufrecht Anwendung findet oder nationales Recht und wie die jeweiligen Gesetze die denkbaren Aspekte einer Befreiung von der Lieferpflicht wegen Unmöglichkeit der Lieferung (i), Schadensersatz wegen Nichtlieferung (ii) sowie einen möglichen Wegfall der Geschäftsgrundlage (iii) behandeln.

Neben Rechtsfragen sind auch wirtschaftliche Folgen abzuwägen und die Vertragsbeziehung entsprechend zu beurteilen und zu gestalten, um die Beziehung zu den Lieferanten auch für Zeiten nach Ausbruch von COVID-19 zu erhalten. Dafür sollte zeitnah das Gespräch mit dem Lieferanten gesucht und durch Verhandlung und pragmatische Lösungen Schaden minimiert, Vereinbarungen getroffen und so kostenintensive Schadensersatzprozesse vermieden und die Wirtschaftsbeziehungen aufrechterhalten werden.

2. Welche Handlungsempfehlungen gibt es bei Störungen in der Lieferkette aufgrund des Ausbruchs von COVID-?

  • Prüfung der Einkaufsverträge mit Fokus auf Force Majeure-Klauseln und Regelungen zu Lieferausfällen
  • Prüfung des anwendbaren Rechts (gesetzliche Regelungen) einschließlich UN-Kaufrecht und anwendbarem Recht in internationalen Verträgen
  • Prüfung von Rügepflichten nach den Verträgen und geltendem Recht zur Wahrung der eigenen Rechte für den Fall einer streitigen Auseinandersetzung
  • Proaktive Kommunikation mit Lieferanten und Verhandlung mit betroffenen Vertragspartnern (Kunden) über Verlängerung von Lieferfristen, finanziellen Ausgleich etc.
  • Dokumentation relevanter Ereignisse zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen (zum Nachweis der Kausalität, der Schadenshöhe und Schadensminderung)Analyse von Haftungsrisiken und Handlungsbedarf innerhalb der operativen Abteilungen des Unternehmens und zwischen Konzerngesellschaften (Stichwort Schadensverlagerung und inter-company agreements)

3. Welche rechtlichen Folgen haben Lieferengpässe aufgrund von COVID-19 für Lieferanten (Vertrieb)?

Kann der Lieferant aufgrund der Folgen von COVID-19 seine Lieferpflichten (teils) nicht erfüllen, stellt sich die Frage, wie sich der Lieferant gegenüber seinen Vertragspartnern (Kunden) verhalten soll, um Geschäftsbeziehungen nicht zu gefährden und Schadensersatzansprüche zu vermeiden.

Für den Lieferanten ist zunächst entscheidend, ob er aufgrund der Folgen von COVID-19 von seiner Leistungspflicht temporär bzw. vollständig befreit ist. Dies kann bei höherer Gewalt der Fall sein. Force Majeure-Klauseln werden in Lieferverträgen regelmäßig vereinbart. Enthält der Liefervertrag keine Force Majeure-Klausel oder ist ein epidemischer Virenausbruch davon nicht erfasst, richten sich die Rechte und Pflichten des Lieferanten nach dem einschlägigen Gesetzesrecht.

Ist die Belieferung des Kunden für den Lieferanten nur mit grob unverhältnismäßigem Aufwand verbunden, kann dem Lieferanten außerdem unter Umständen ein Leistungsverweigerungsrecht zustehen. Gegebenenfalls kommt auch eine Befreiung von der Leistungspflicht wegen Unmöglichkeit oder in besonderen Konstellationen eine Anpassung von Verträgen an die veränderten Verhältnisse in Betracht.

In all diesen Konstellationen sind Anzeigepflichten einzuhalten und schadensmindernde Maßnahmen einzuleiten.

4. Welche Handlungsempfehlungen gibt es bei Störungen in der Lieferkette aufgrund des Coronavirus Ausbruchs?

  • Prüfung der Lieferverträge (inkl. Force Majeure-Klauseln, Selbstbelieferungsvorbehalten etc.)
  • Dokumentation der Beeinträchtigung durch COVID-19
  • Frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem Kunden und Beachtung von Anzeigepflichten
  • Prüfung von Vollmachten für Vertragsänderungen seitens Mitarbeitern des Vertragspartners
  • Einvernehmliche Lösung durch Verhandlung und Dokumentation von Vereinbarungen
  • Innerbetriebliche Abstimmung zwischen Einkauf und Vertrieb
  • Prüfung von Deckungskäufen und anderen vertraglichen Maßnahmen im Einzelfall
  • Prüfung von Ansprüchen gegen Vorlieferanten
  • Schadensmindernde Maßnahmen

IV.  Sie wollen wissen, ob Sie von Ihren Beschäftigten oder von Besuchern Ihrer Betriebsstätte Daten im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 erheben und verarbeiten dürfen?

1. Darf ein Unternehmen von seinen Beschäftigten personenbezogene Daten zu Reisen in Risikoländer oder zum persönlichen Befinden erheben und verarbeiten?

Wie oben bereits dargelegt besteht eine Fürsorgepflicht von Unternehmen als Arbeitgeber zu Gunsten ihrer Arbeitnehmer, nach der sie auch verpflichtet sind, geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um ihre Arbeitnehmer vor einer Infektion zu schützen.

Soweit es ausschließlich um die Frage nach Reisen oder Aufenthalten in Risikoländern geht, kann die Erhebung und Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b) DSGVO in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG gestützt werden. Denn mit Blick auf die bestehende Fürsorgepflicht sind diese Daten zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich und es handelt sich nicht um Gesundheitsdaten. Anhand dieser Angaben kann entschieden werden, ob die betroffenen Mitarbeiter im Home-Office arbeiten sollen oder welche anderen Maßnahmen ergriffen werden.

Rechtsgrundlage für die weiteren Fragen nach dem persönlichen Befinden und damit nach Gesundheitsdaten ist Art. 9 Abs. 2 lit. b) DSGVO in Verbindung mit § 26 Abs. 3 BDSG. Gemäß dieser Vorschrift dürfen Gesundheitsdaten auch erhoben und verarbeitet werden, wenn und soweit dies zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Beschäftigten am Ausschluss der Verarbeitung ihrer Daten überwiegen. Maßgebend sind wiederum die arbeitgeberseitigen Fürsorgepflichten der Unternehmen und für den Regelfall ist nicht ersichtlich, dass bezüglich dieser Informationen überwiegende berechtigte Interessen der betroffenen Beschäftigten entgegenstehen.

Schließlich kommt als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von Daten zum persönlichen Wohlbefinden auch Art. 9 Abs. 2 lit. h) DSGVO in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) BDSG in Betracht. Voraussetzung ist, dass die Verarbeitung zum Zweck der Gesundheitsvorsorge oder für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit sowie ausschließlich durch ärztliches Personal oder durch sonstige Personen erfolgt, die entsprechenden Geheimhaltungspflichten unterliegen.

Stets ist darauf zu achten, dass die Beschäftigten gemäß den Art. 13 und 14 DSGVO rechtzeitig über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten informiert werden. Im Falle einer direkten Befragung der Beschäftigten, hat die Information deshalb spätestens mit dieser Befragung zu erfolgen.

2. Darf ein Unternehmen von Dritten, wie z.B. Besuchern von Betriebsstätten, personenbezogene Daten zu Reisen in Risikoländer oder zum persönlichen Befinden zum Zweck der Durchführung von Schutzmaßnahmen erheben und verarbeiten?

Zum Schutz seines Unternehmens und vor allem seiner Beschäftigten darf ein Unternehmen auch von einem Dritten die vorgenannten Daten verarbeiten, um beispielsweise über einen Zutritt zu betrieblichen Objekten zu entscheiden.

Die Frage nach Reisen oder Aufenthalten in Risikoländern durch Dritte kann für die Erhebung und Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) DSGVO gestützt werden. Dass bezüglich dieser Informationen überwiegende berechtigte Interessen der betroffenen Beschäftigten entgegenstehen, ist für den Regelfall auch ohne weiteres nicht ersichtlich. Dabei ist aber zu beachten, dass es regelmäßig nicht erforderlich sein wird, weitere personenbezogene Daten (wie zum Beispiel den Namen) zu erfassen. Es ist darauf zu achten, so wenige Daten wie möglich zu erheben.

Rechtsgrundlage für die weiteren Fragen nach dem persönlichen Befinden und damit nach Gesundheitsdaten ist Art. 9 Abs. 2 lit. b) DSGVO in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) BDSG. Gemäß dieser Vorschrift dürfen Gesundheitsdaten auch erhoben und verarbeitet werden, wenn und soweit dies erforderlich ist, um den aus dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsenden Pflichten des Unternehmens nachzukommen und kein Grund zu der Annahme besteht, dass die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Beschäftigten am Ausschluss der Verarbeitung ihrer Daten überwiegen. Maßgebend sind wiederum die arbeitgeberseitigen Fürsorgepflichten der Unternehmen, die nach hier vertretener Ansicht auch den Pflichten des Sozialschutzes zugeordnet werden können. Wiederum ist für den Regelfall nicht ersichtlich, dass bezüglich dieser Informationen überwiegende berechtigte Interessen der betroffenen Beschäftigten entgegenstehen. Auch hier ist zu beachten, dass nur die zwingend erforderliche Daten erhoben und verarbeitet werden.

Ergänzend kommt auch insoweit als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von Daten zum persönlichen Wohlbefinden Art. 9 Abs. 2 lit. h) DSGVO in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) BDSG in Betracht. Voraussetzung ist wiederum, dass die Verarbeitung zum Zweck der Gesundheitsvorsorge und ausschließlich durch ärztliches Personal oder durch sonstige Personen erfolgt, die entsprechenden Geheimhaltungspflichten unterliegen.

Wiederum ist darauf zu achten, dass auch Dritte gemäß den Artt. 13 und 14 DSGVO rechtzeitig über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten informiert werden. Im Falle einer direkten Befragung, hat die Information ebenfalls spätestens mit dieser Befragung zu erfolgen. Da Rechtsgrundlage für die Befragung Dritter zum Aufenthalt in Risikoländern Art. 6 Abs.  1 Satz 1 lit. f) DSGVO ist, muss zudem eine Information über das Widerspruchsrecht gemäß Art. 21 Abs. 1 DSGVO erfolgen. Dabei ist auf die Formvorgaben dieser Unterrichtung gemäß Art. 21 Abs. 4 zu achten, wonach diese beispielsweise Information durch eine andere, hervorgehobene grafische Darstellung von den anderen Informationen zu trennen ist.

V. Sie sehen sich aufgrund von COVID-19-basierten Ereignissen wie z.B. Störungen in der Lieferkette oder Absagen von von Ihnen organisierten Veranstaltungen oder Reisen plötzlich einer Vielzahl von gegen Sie gerichteten Ansprüchen ausgesetzt. Was sollten Sie tun?

  • Prüfung, in welchem Umfang Ansprüche drohen (welche Ansprüche werden bereits geltend gemacht und inwieweit sind diese Fälle skalierbar?)
  • Definition einer gesonderten, speziell auf die Lage ausgerichteten Teamstruktur, um die Ansprüche zielgerichtet und einheitlich zu bearbeiten und Prüfung, ob die Abwehr dieser Ansprüche durch Ihre aktuelle personelle und technische Infrastruktur (kosteneffizient) erfolgreich gestaltet werden kann
  • Prüfung, ob die gegen Sie geltend gemachten Ansprüche gegenstandsgleich sind
  • Sicherstellung der Vollständigkeit aller benötigten Daten in einer übersichtlichen Form, um schnell und effizient auf gegen Sie gerichtete Ansprüche reagieren
  • Rechtliche Analyse aller vertraglichen Grundlagen (Verträge, AGB etc.) bzgl. möglicher Haftungsausschlüsse, einschlägiger Regelungen zu Vertragsstrafen, möglicher Regressregelungen etc.
  • Festlegung und Umsetzung einer einheitlichen Strategie, wie Sie sich zu den jeweiligen Ansprüchen inhaltlich und prozesstaktisch verhalten (insb. ob und in welcher Form Leistungen aus Kulanz erbracht werden oder bei unsicherer Rechtslage auch
  • nach bestimmten Parametern vergleichsweise gelöst werden sollen

VI. Sie möchten wissen, ob und inwieweit Schäden und Verluste Ihres Unternehmens durch oder im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 durch Ihre betrieblichen Versicherungen versichert sind?

Ob und inwieweit Versicherungsschutz für Schäden besteht, hängt zum einen von der Art der für Ihr Unternehmen bestehenden Versicherungsverträge und zum anderen von deren bedingungsgemäßem Deckungsumfang ab. Weiterhin kommt es auch auf den genauen Hintergrund und die Art des eingetreten „Corona-Schadens“ an. Konkrete Aussagen lassen sich daher nur nach individueller Bestands- und Bedingungsanalyse Ihres Versicherungsportfolios sowie des jeweils vorliegenden Sachverhaltes treffen.

Allgemein gilt:

  • Voraussetzung für eine Leistungspflicht unter Betriebsunterbrechungsversicherungen ist grundsätzlich ein entstandener Sachschaden, durch den es zur Betriebsunterbrechung und einem daraus erwachsenden Vermögensschaden kommt. Ein Sachschaden entsteht durch COVID-19 in der Regel nicht.
  • Betriebsschließungsversicherungen bieten hingegen Versicherungsschutz für durch Infektionskrankheiten bedingte Betriebsschließungen. Unter solchen Policen kann Versicherungsschutz auch für COVID-19 bestehen. Die Versicherungsbedingungen der auf dem Markt üblichen Versicherungsverträge sind durchaus unterschiedlich ausgestaltet. Zur Bestimmung der relevanten Infektionskrankheiten beziehen sich Bedingungswerke teilweise nicht auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) in seiner aktuellen Fassung, sondern auf Altfassungen. COVID-19 ist aber erst zum 1. Februar 2020 in den Katalog der nach dem IfSG meldepflichtigen Krankheiten aufgenommen worden (Verordnung CorViMV, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 IfSG). Soweit Versicherungsverträge den „alten“ Katalog der meldepflichtigen Krankheiten in Bezug nehmen, würde der Versicherungsschutz für einen Corona-Schaden möglicherweise nicht greifen. Auch hier ist im Zweifel die konkrete Vertragsbestimmung im Einzelfall auszulegen.
  • Unter Veranstaltungsausfallversicherungen sind demgegenüber Pandemierisiken nicht ohne Weiteres versichert. Versicherungsverträge einiger Anbieter schließen diese ausdrücklich in den Versicherungsschutz ein. Derzeit dürfte dieser spezielle Deckungsbausein auf dem Markt aber nur schwer erhältlich sein.
  • Auch im Rahmen von Montageversicherungen kann gegebenenfalls Versicherungsschutz bei durch den Virus verursachten Montagunterbrechungen bestehen, was anhand der Bedingungen zu prüfen ist.
  • Bei Transportversicherungsverträgen ist Deckungsschutz für durch COVID-19 verursachte Verzögerungen insbesondere unter der (eingeschränkt) bestehenden Deckung für reine Vermögensschäden zu prüfen.
  • Im Übrigen kann Versicherungsschutz für Schäden und Verluste in Folge von COVID-19 auch unter Kreditversicherungen und Luftfahrtversicherungen
  • Reiserücktrittsversicherung sollten bedingungsgemäß grundsätzlich unter dem Aspekt einer unerwartet schweren Erkrankung Versicherungsschutz gewähren, soweit eine Corona-Infizierung vor Reisebeginn erfolgt. Erwogen werden kann auch, ob Versicherungsschutz bei Quarantäne greift. Soweit Reisen aufgrund von Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes nicht angetreten werden, besteht grundsätzlich kein Reiserücktrittsversicherungsschutz. Reisende können sich bei Reisewarnungen im Fall von Pauschalreisen an ihren Reiseveranstalter bzw. im Fall einer Baustein-Reise an ihre Leistungsträger wenden.
  • Weiterhin ist noch an den Versicherungsschutz von Haftpflichtversicherungen zu denken, soweit durch schuldhafte Maßnahmen (etwa fehlerhaftes Business Continuity Management) des Versicherungsnehmers oder von versicherten Personen im Zusammenhang mit COVID-19 Sach-, Personen- oder Vermögensschäden verursacht werden. Hier kommen unterschiedliche Haftpflichtpolicen in Betracht.

Auch unter anderen vorstehend nicht genannten Versicherungsverträgen kann ggf. Deckungsschutz bestehen. Wie eingangs angeführt, ist Ihr Versicherungsportfolio bei Corona-Schäden grundsätzlich individuell zu prüfen. Für diese Prüfung sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.

VII. Sie sind Krankenhausbetreiber und fragen sich, was Sie im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 beachten müssen?

1. Inwieweit muss für die Aufstellung bzw. Aktualisierung von Alarm- und Einsatzpläne für den Infektionsschutz gesorgt werden?

Wie Krankenhäuser auf die medizinische Bewältigung von Katastrophenfällen oder größeren Notfällen vorbereitet sein müssen, ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt. Eine „scharfe“ gesetzliche Verpflichtung zur Aufstellung von Alarm- und Einsatzplänen findet sich beispielsweise in Hessen (§ 9 Abs. 2 HKHG sowie §§ 5, 6 HRDG) oder Bayern (Art. 8 Abs. 1 BayKSG). Es gibt jedoch auch diverse Bundesländer, in denen eine entsprechende Verpflichtung nicht oder nur weniger ausgeprägt besteht. Trotz uneindeutiger Rechtslage ist ein präventives Tätigwerden in diesem Sinne dringend zu empfehlen:

Schadenereignisse innerhalb oder außerhalb eines Krankenhauses (z. B. Unfälle mit Massenanfall Verletzter oder Epidemien) führen dazu, dass der Regelbetrieb eines Krankenhauses beendet und ein der Lage angepasster besonderer Dienstbetrieb organisiert werden muss. Solche Lagen stellen für die Leitung des Krankenhauses und das gesamte Personal eine große Belastung dar, die nur durch gute planerische Vorbereitung reduziert werden kann.

Auch die Covid-19 Infektionslage könnte einen solchen Fall darstellen. Demnach empfiehlt es sich auch für Krankenhäuser, die nicht oder nur subsidiär von einer (landes-)gesetzlichen Verpflichtung getroffen werden, entsprechende Einsatzpläne zu entwerfen oder bestehende Pläne zu überprüfen. Dies dient nicht zuletzt der Minimierung von Haftungsrisiken (Stichwort: Organisationsverschulden).

Zur Aufstellung und/oder Überprüfung entsprechender Einsatzpläne gibt es diverse Muster, die im Einzelfall auf Anwendbarkeit zu prüfen sind (je nach Landesrecht), wie etwa

2. Welche Hygienestandards sind zu wahren und welche Vorgaben existieren diesbezüglich?

Zum Zwecke der Krankenhaushygiene und Infektionsschutzes muss die Krankenhausleitung gem. § 23 Abs. 3 IfSG dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Hygienemaßnahmen ergreifen, die Weiterverbreitung von Krankheitserregern zu vermeiden. Die Einhaltung der jeweiligen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zur Krankenhaushygiene gilt es dabei zu beachten und umzusetzen. Denn durch die Beachtung der Empfehlungen wird die Einhaltung des Standes der medizinischen Wissenschaft vermutet (§ 23 Abs. 3 IfSG).

Ferner obliegt es der Krankenhausleitung, innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektionshygiene in Hygieneplänen festzulegen.

3. Sie sind sich unsicher, welche öffentlichen Stellen Ihnen gegenüber als Krankenhausbetreiber Anweisungen und sonstige Maßnahmen anordnen können?

Soweit das Krankenhaus als Anstalt öffentlichen Rechts betrieben wird, ist den Anordnungen der zuständigen Aufsichtsbehörde unbedingt Folge zu leisten. Hierbei handelt es sich meist um das jeweils nach Landesrecht zuständige Ministerium.

Die Träger des öffentlichen Gesundheitsdienstes richten sich zudem nach den jeweiligen Gesetzen der Länder über den öffentlichen Gesundheitsdienst. Im Regelfall sind dies das Land, die Landkreise und die kreisfreien Städte. Die genaue behördliche Zuweisung (untere Gesundheitsbehörde, obere Gesundheitsbehörde, Landesoberbehörde sowie oberste Gesundheitsbehörde) bestimmt sich ebenfalls nach Landesrecht und ist im Einzelfall zu sondieren.

Die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes obliegen hier zumeist den unteren Gesundheitsbehörden (Gesundheitsämtern). Besondere Zuständigkeiten ergeben sich aus dem Infektionsschutzgesetz, wonach ebenfalls die Gesundheitsämter als Behörden für die Durchführung des Infektionsschutzgesetzes zuständig sind, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

4. Sie möchten wissen, welche behördlichen Maßnahmenpläne und Handlungsempfehlungen im Bereich des Infektionsschutzes bestehen?

Nachfolgend haben wir für Sie eine exemplarische Zusammenstellung von Plänen und Empfehlungen erarbeitet (nicht abschließend):

5. Sie wollen wissen, welche Entscheidungenvorgaben bezüglich der Bevorratung von Heil- und Hilfsmitteln bestehen?

Grundsätzlich müssen die nötigen technischen Apparate und das Material bereitgestellt werden, um die einwandfreie Behandlung von Patienten zu ermöglichen. Die Rechtsprechung legt strenge Maßstäbe an. Die technische und personelle Ausstattung muss ausreichend sein.

6. Sie fragen sich, welches Vorgehen ist einzuhalten ist, wenn die bestehenden Ressourcen nicht ausreichen?

Eine pauschale Antwort ist nicht möglich. Entscheidend ist die konkrete Situation des jeweiligen Krankenhauses. Grundsätzlich gilt: Konkrete gesetzliche Vorgaben zum Umgang bei nicht ausreichenden Ressourcen existieren nicht. Entscheidungen sind dementsprechend anhand allgemeiner krankenhaus- und gesundheitsrechtlicher Vorgaben zu treffen. Leitplanke für die Entscheidungen ist etwa § 70 SGB V, wonach eine bedarfsgerechte Versorgung sichergestellt werden muss.

Für die Entscheidungen über den Einsatz knapper Ressourcen folgt daraus, dass diese auf Grundlage medizinisch vertretbaren Einschätzungen unter Beachtung der jeweiligen Belange und Bedürfnisse – insbesondere Dringlichkeit, Schwere der Erkrankung, Folgen einer Nichtbehandlung – erfolgen sollten. Das sind aber jeweils Fragen der individuellen Situation, die Entscheidungen müssen gut dokumentiert werden, die Einholung externen Rats ist zu empfehlen.

Die zuständigen Gesundheitsbehörden können insbesondere bei Gefahr im Verzug alle notwendigen Maßnahmen, um drohende Gefahren im Zusammenhang mit dem Auftreten einer übertragbaren Krankheit für die Allgemeinheit oder ein Einzelnen abzuwenden (§ 16 Abs. 1 IfSG).

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