Entgeltfortzahlung bei neuer Krankheit

Entgeltfortzahlung bei neuer Krankheit

Das Bundesarbeitsgericht hat am 11.12.2019 (5 AZR 505/18 – bisher nur Pressemitteilung) über die Entgeltfortzahlung bei neuer Krankheit entschieden. Der juristische Fachausdruck hierzu lautet „Einheit des Verhinderungsfalles“. Folgender Fall lag dem BAG (gekürzt) zugrunde:

Eine Arbeitnehmerin war bis 31.7.2017 bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Sie war seit 7.2.2017 arbeitsunfähig wegen eines psychischen Leidens erkrankt. Die Hausärztin schrieb sie – mit Folgebescheinigungen – bis zum 18.5.2017 krank. Die Arbeitnehmerin bekam bis zum 20.3.2017 Entgeltfortzahlung von ihrem Arbeitgeber und ab 21.3.2017 Krankengeld. Im Prozess war ermittelt worden, dass sei schon seit Mitte Mai 2017 auf einen Platz für eine Psychotherapie wartete. Am 19.5.2017, also einen Tag nach Ende der von der Hausärztin attestierten Arbeitsunfähigkeit wegen psychischen Leidens, unterzog sie sich einer seit längerer Zeit geplanten gynäkologischen OP. Sie wurde dazu von ihrer Gynäkologogin am 18.5.2017 für die Zeit vom 19.5.2019 bis 29.6.2017 krank geschrieben. Im Juli begann sie eine Psychotherapie.

Sie erhielt weder Entgeltfortzahlung von ihrem Arbeitgeber noch Krankengeld. Der Arbeitgeber berief sich darauf, dass ihr Entgeltfortzahlung bei neuer Krankheit wegen der Einheit des Verhinderungsfalles nicht zustehe.

Das Bundesarbeitsgericht hat schon 2014 entschieden, dass ein Arbeitnehmer dann keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei neuer Krankheit hat, wenn die neue Krankheit und die bisherige Krankheit sich überlappen. Wenn man also erst Läuse hat und dann Flöhe dazu kommen, wird es nichts mit der Entgeltfortzahlung wegen „Flöhen“. Im vorliegenden Fall berief sich die Arbeitnehmerin darauf, dass die Arbeitsunfähigkeit wegen der psychischen Erkrankung ja am 18.5.2017 geendet hatte und die neue Arbeitsunfähigkeit wegen des gynäkologischen Leidens erst am 19.5.2017 begonnen hatte. Jedoch erlegte ihr das Bundesarbeitsgericht die Darlegungs- und Beweislast dafür auf, dass sie nach dem 18.5.2017 wirklich nicht mehr wegen psychischer Leiden arbeitsunfähig war. Sie war ja nur nicht mehr deswegen krankgeschrieben worden. Das heißt aber nicht, dass sie nicht deswegen krank war.

Ich vermute, sie hat versucht, Ihren Arbeitgeber auszutricksen und sich bewusst nicht weiter von ihrer Hausärztin krankschreiben lassen. Sie konnte nicht nachweisen, dass die psychische Erkrankung am 18.5.2017 ausgeheilt war. Dies konnte nach der Vernehmung der Ärzte nicht nachgewiesen werden. Außerdem sprach gegen sie, dass sie bereits vor dem 18.5.2017 nach einem Platz für eine Psychotherapie gesucht hatte. Somit stellte das Bundesarbeitsgericht die Einheit des Verhinderungsfalles fest. Der Arbeitgeber musste für die Zeit ab 19.5.2017 keine Entgeltfortzahlung leisten.

Über die Autorin:

Dr. Sandra Flämig ist Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Stuttgart.

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