Der Referentenentwurf zur Änderung des Umwandlungsrechts

Der Referentenentwurf zur Änderung des Umwandlungsrechts

Sobald der bevorstehende Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union (Brexit) in Kraft tritt, droht den schätzungsweise 8.000 bis 10.000 Gesellschaften in der Rechtsform der „private company limited by shares“ (Ltd.), die in Deutschland ihren Verwaltungssitz haben, der Verlust ihres „haftungsbeschränkenden Kleides“. Nach geltender Rechtslage würden sie dann – je nach Gesellschafterstruktur – in Deutschland entweder als Einzelunternehmer oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. Offene Handelsgesellschaft behandelt werden müssen. In der Konsequenz würden die Gesellschafter der Limited für die Verbindlichkeiten persönlich und unbegrenzt haften.

Wollen diese Gesellschaften ihren haftungsbeschränkten Status auch in der Zukunft nicht aufgeben, bedarf es einer Überführung in eine deutsche haftungsbeschränkte Gesellschaftsform. Das Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat diesen Aspekt aufgegriffen und schlägt mit seinem Referentenentwurf vom 3. September 2018 zur Änderung des Umwandlungsgesetzes (UmwG) (https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Umwandlungsgesetz.html) eine erhebliche Erleichterung der grenzüberschreitenden Hineinverschmelzung zu Gunsten der betroffenen Limiteds nach britischen Recht, die in Deutschland ihr Geschäft betreiben, vor.

Status quo – aktuelle Rechtslage als Ausgangspunkt

Für die Überführung in eine haftungsbeschränkte Rechtsform nationalen Rechts kommt als Gestaltungsmöglichkeit neben einem grenzüberschreitenden Formwechsel, der aber in praktischer Hinsicht auf britischer Seite zu Schwierigkeiten führen könnte, für die vom Brexit bedrohten Limiteds die grenzüberschreitende Verschmelzung in Betracht. Im Unterschied zum grenzüberschreitenden Formwechsel besteht für die grenzüberschreitende Verschmelzung aufgrund der Verschmelzungsrichtlinie und den §§ 122a ff. UmwG ein kodifiziertes rechtliches Korsett. Die derzeit in Kraft befindlichen Regelungen des UmwG sehen allerdings vor, dass an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nur Kapitalgesellschaften beteiligt sein können. Personengesellschaften ist ein solcher Vorgang verwehrt. Sowohl übertragende als auch übernehmende Rechtsträger müssen also in der Form einer Kapitalgesellschaft im Sinne des Artikels 2 Nr. 1 der Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten (ABl. EU Nr. L 310 S. 1) organisiert sein. Für die britische Limited als Kapitalgesellschaft bedeutet dies zwar, dass die Beteiligung als übertragender Rechtsträger möglich ist, als übernehmender Rechtsträger kommt jedoch ebenfalls nur eine Kapitalgesellschaft in Betracht. Insoweit bedarf es allerdings eines Mindestkapitals von EUR 25.000 bzw. EUR 50.000 beim übernehmenden Rechtsträger.

Eine Verschmelzung auf eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), eine Spielart der GmbH mit einem geringeren Stammkapital, wird regelmäßig keinen gangbarer Weg darstellen, die vorbeschriebene Mindestkapitalaufbringung zu vermeiden. So sieht § 5a Abs. 2 S. 2 GmbHG für die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ein Sacheinlageverbot vor, weshalb eine grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine UG (haftungsbeschränkt) in Form einer Verschmelzung zur Neugründung ausgeschlossen ist. Dieses Hindernis könnte lediglich überwunden werden, wenn die britische Limited auf eine bereits bestehende UG (haftungsbeschränkt) verschmolzen wird und sich der Wert des übertragenden Rechtsträgers mindestens auf die Differenz zwischen dem bislang im Handelsregister eingetragenen Stammkapital der UG (haftungsbeschränkt) und EUR 25.000 beläuft. Alternativ wäre noch eine nach § 54 UmwG mögliche Verschmelzung ohne Kapitalerhöhung denkbar, wenn z.B. die aufnehmende UG (haftungsbeschränkt) sämtliche Anteile am übertragenden Rechtsträger hält oder ein Verzicht erklärt wird.

Der Reformvorschlag – der Blick in eine mögliche Zukunft

Durch den Referentenentwurf des BMJV vom 3. September 2018 soll die Möglichkeit geschaffen werden, eine grenzüberschreitende Verschmelzung auch auf Personengesellschaften durchzuführen.

Insoweit sollen die derzeitigen Bestimmungen zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen um Vorschriften, die die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personenhandelsgesellschaften ermöglichen, ergänzt werden. Ein wesentlicher Fall, den der Entwurf in den Blick nimmt, ist dabei die Verschmelzung einer britischen Limited auf eine Kommanditgesellschaft, an der sich dann wiederum eine GmbH oder aber eine UG (haftungsbeschränkt) als persönlich haftender Gesellschafter beteiligen könnte. Nach den Vorstellungen der Entwurfsverfasser könnte so beispielweise der erhöhte Mindestkapitalbedarf vermieden werden.

Allerdings soll es auch nach dem Referentenentwurf des BMJV dabei verbleiben, dass Personenhandelsgesellschaften nicht übertragender Rechtsträger sein können. Das geht aus dem neugefassten § 122a Abs. 1 Nr.1 UmwG hervor, der auf Art. 119 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 rekurriert. Diese Norm wiederum verweist nämlich auf die Anlage II zur Richtlinie, in der für Großbritannien lediglich die „companies incorporated with limited liability“ als übertragende Rechtsträger in Frage kommen. Personenhandelsgesellschaften kommen also nur als übernehmende Rechtsträger in Betracht. Da die Limited mit Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland aber ohnehin als treibender Faktor der Reform beschrieben ist, dürfte dies jedenfalls vor dem Hintergrund der Motivation des Entwurfs wenig bedeutsam sein. In zeitlicher Hinsicht soll mit dem neuen § 122m UmwG eine Übergangsregelung geschaffen werden. Sie gilt für alle zum Zeitpunkt des Brexits oder vor dem Ablauf einer etwaigen Übergangsfrist bereits begonnenen grenzüberschreitenden Verschmelzungsvorgänge, bei denen übertragender Rechtsträger eine Gesellschaft ist, die dem Recht des Vereinigten Königreichs unterliegt und übernehmender Rechtsträger eine Gesellschaft ist, die deutschem Recht untersteht. Als grenzüberschreitende Verschmelzung im Sinne der §§ 122a ff UmwG wird in diesem Fall eine Verschmelzung auch dann noch fingiert, wenn vor dem Brexits oder vor dem Ablauf einer etwaigen Übergangsfrist der Verschmelzungsplan notariell beurkundet worden ist und diese Verschmelzung unverzüglich, spätestens aber zwei Jahre nach diesem Zeitpunkt, mit den erforderlichen Unterlagen zur Eintragung im Handelsregister angemeldet wird.

Fazit

Die Reformüberlegungen des BMJV sind begrüßenswert. Mit dem Brexit wird der Veränderungsdruck auf Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland zunehmen, wenn eine haftungsbeschränkte Rechtsform erhalten bleiben soll. Da die in der Literatur gerne vorgeschlagene Lösungsmöglichkeit eines grenzüberschreitenden Formwechsel in der praktischen Umsetzung schwierig erscheint, wird das Mittel der Wahl im Zweifel die grenzüberschreitende Verschmelzung sein. Diese wird mit der geplanten Erweiterung auf Personengesellschaften weiter an Bedeutung gewinnen. Gleichwohl bleibt die grenzüberschreitende Verschmelzung auch bei Umsetzung der Reformüberlegungen eine komplexe Materie, so dass es für die britischen Limiteds in jedem Fall empfehlenswert sein wird, einen im Gesellschaftsrecht fachkundigen Notar oder Rechtsanwalt aufzusuchen und sich von diesem eingehend beraten zu lassen.

Kontakt

Dr. Andreas Blunk, MLE

Rechtsanwalt und Notar

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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