Kampf um den ersten Platz der Weihnachtslieder: „Last Christmas“ oder „Stille Nacht“

„Stille Nacht“ ist nach wie vor das populärste Weihnachtslied der Deutschen („44 %,  „Last Christmas“ mit 34 % ist die Nummer 2. Mehrfachantworten möglich“. Quelle: YouGov).

Was für ein Unterschied! Die „Konkurrenz“ zweier „Notlösungen“ um Platz 1. Eine, christlich, besinnlich und weihnachtlich aus 1818 tritt gegen einen Popsong über Liebeskummer aus 1984 an.

Dass „Stille Nacht“ eine „Notlösung“ war dürfte verhältnismäßig geläufig sein, aber „Last Christmas“?

An „Stille Nacht“ ist letztendlich eine kaputte Orgel „schuld“. Die besagte Orgel stand in der Kirche in Oberndorf bei Salzburg und eine Reparatur war in der nicht kurzfristig möglich. Die Zeit wurde knapp, bald würde es Heilig Abend sein, eine musikalische Lösung für die Weihnachtsmesse musste dringend her. Aus diesem Grund komponierte der stellvertretende Kirchenorganist und Schullehrer Franz Xaver Gruber in einer „Hau Ruck Aktion“ die Melodie zu einem 1816 angefertigten Gedicht des Hilfspriesters Josef Mohr.

Die Uraufführung des „Hau-Ruck-Liedes“ fand am 24. Dezember 1818 während der Christmette statt, Mohr spielte Gitarre und sang Tenor, Gruber sang Bass. „Das Lied fand „allgemeinen Beifall“ bei der Oberndorfer Bevölkerung“ und verbreitete sich in Windeseile über die Erdkugel.

Nur 40 Jahre später, im Jahr 1859, übersetzte John Freeman Young, der Pastor der Trinity Church in New York City, den Text in die englische Sprache. Dadurch verbreitete sich „Stille Nacht“ in kürzester Zeit. Das Lied wurde in Windeseile, quasi auf Engelsflügeln, global, bei den damals verfügbaren Kommunikationsmöglichkeiten eine unglaubliche Leistung. Diese rasante Verbreitung spricht selbstredend für die Besonderheit des Liedes.

Die Story von „Last Christmas“ stellt sich dagegen (leider) rein geschäftlich dar.

Anders als „Stille Nacht“, dessen Text sich um die Weihnachtsgeschichte und Jesus‘ Geburt dreht, geht es bei „Last Christmas“ um ein gebrochenes Herz.

Außer im Songtitel und in den endlos fortgesetzten Wiederholungen im Refrain (der sich ganze sechseinhalb Mal wiederholt und jeweils auch noch doppelt gesungen wird) ist „Christmas“ gar kein Thema. Nix Glocken. Von wegen Tannenbaum. Und schon gar kein Schnee. Geschenke – Fehlanzeige!. Und weit und breit kein Jesuskind.

Im Song geht es vielmehr darum, dass sich der Sänger am letzten Weihnachtsfest unglücklich verliebte. Sein Herzchen wurde gebrochen, aber dieses Weihnachten wird er es besser machen. Wie? Natürlich indem er sich dieses Mal glücklich verliebt. Lang lebe die Singlebörse! Ein sehr weihnachtliches Lied. Wirklich.

Laut Kritikern „erinnert die Musik insgesamt an die einer Spieldose, die man immer wieder neu aufziehen kann“ (FAZ).

Angeblich wurde „Last Christmas“ von George Michael innerhalb von 30 Minuten hin gekritzelt, um schnell noch einen Song für Weihnachten zu erfinden. Hartnäckig haltende Gerüchten behaupten, dass das Lied ursprünglich sogar „Last Easter“ hieß und schnell für Weihnachten um getextet wurde. Ob das wahr ist bleibt ein Geheimnis, das George Michael anscheinend mit ins Grab genommen hat.

Außerdem soll die Melodie von „Last Christmas“ plagiiert, ja „geklaut“, worden sein. Das Opfer: Barry Manilows Song „Can’t Smile Without You“. Damit wurde „Last Christmas“ tatsächlich, wenn auch gezwungenermaßen, Unterstützer von Bob Geldorfs Band-Aid-Projekt zur Hilfe für Äthiopien. „Alle Einnahmen für „Last Christmas“ im ersten Jahr nach der Veröffentlichung gingen an das Projekt. Der Grund hierfür war eine außergerichtliche Einigung zwischen Wham! und Manilow“ (t-online).

Diesen Verlust konnte George Michael bestimmt gut einstecken. Denn „Last Christmas“ bringt jedes Jahr ca. 10 Millionen Dollar an Tantiemen ein. Seit 1984 also ein höchst ansehnliches Sümmchen.

Damit sucht man bei „Last Christmas“ zwar vergeblich nach lieblich schallenden Glocken, dafür gibt’s aber allerhand klingende Kassen.

Quellen: FAZ, t-online, huffingtonpost, Wikipedia, yougov

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Patricia Hinsen-Rind

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