Zustand egal, Hauptsache am Platz?
Aktuell thematisiert eine hitzige Debatte Belohnungen in Form von Boni oder Zuschlägen für Arbeitnehmer, wenn diese von einer Krankmeldung absehen. Bei manchen bekannten Betrieben in der Logistik-, Sanitär- oder Automobilbranche wurden Bonussysteme implementiert, durch welche Mitarbeiter eine finanzielle „Belohnung“ erhalten, wenn sie nicht krankheitsbedingt ausfallen.
Ganz heikel in einigen Unternehmen: Nicht nur sind krank gemeldete Mitarbeiter hiervon betroffen, nein, krankheitsbedingte Abwesenheit wirkt sich finanziell auf die Boni des gesamten Teams aus. Unmissverständlicher Klartext: Die eigene Krankschreibung kostet auch die Kollegen Geld. Mein Team „leidet“ finanziell unter meiner Erkrankung.
Die Gestaltung der verschiedenen Belohnungssysteme ist unterschiedlich, reicht in einigen Unternehmen schon ein krankheitsbedingter Fehltag um die Prämie zu kürzen, sind andere Betriebe etwas generöser. Hier wird der Bonus erst ab 21 Fehltagen gekürzt, „damit sich Mitarbeiter nicht mit einer Grippe zur Arbeit schleppen“.
Wie wirksam sind diese Handlungsweisen? Fördern diese Maßnahmen wirklich die Gesundheit der Mitarbeiter, oder sind sie nur eine Belohnung von Anwesenheit um jeden Preis, auch wenn dieser Preis die Gesundheit der Mitarbeiter ist? Sind solche Systeme gar eine Förderung von Mobbing in solchen Fällen, bei denen das gesamte Team durch die Fehlzeit eines oder mehrerer Kollegen finanzielle Nachteile erfährt?
Lässt die Einführung einer Anwesenheitsprämie den Rückschluss zu, dass Führungskräfte generell der Meinung sind, dass krank gemeldete Mitarbeiter nicht wirklich krank sind? Dass solche Mitarbeiter simulieren, ihre Symptome übertreiben oder gar lügen?
Vertreter aus der Politik, Gewerkschaft, sowie Krankenkassen, sind vereint in der Ansicht, dass eine Gesundheits- bzw. Anwesenheitsprämie nicht zur Gesundheit der Mitarbeiter beiträgt. Stattdessen befürworten sie Investitionen in Gesundheitsprävention, Kinderbetreuung und gesundem Kantinenessen.
Rein rechtlich gesehen ist eine „Anwesenheitsprämie“ zwar möglich, und zwar als Zusatzvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag. Dennoch bleibt fraglich, wie effektiv eine solche Prämie wirklich ist.
Mitarbeiter aufzufordern, „sich zusammenzureißen“ und zur Arbeit zu erscheinen, ist nicht nur ein gesundheitliches Risiko für den erkrankten Mitarbeiter, sondern auch für dessen Kollegen, für die ein erhöhtes Risiko der Ansteckung besteht. Abgesehen von der grundsätzlichen Frage, wie produktiv ein erkrankter Mitarbeiter wirklich ist.
Magen-Darm Infekte oder grippale Erkrankungen sind selbstverständlich nur eine begrenzte Auswahl an möglichen Krankheiten. Vermehrt spielen psychische Erkrankungen eine Rolle. Bei Fällen von psychischer Krankheit spielt bakterielle oder virale Ansteckungsgefahr zwar keine Rolle, der zusätzliche Stress und Druck eines Prämiensystems auf die Betroffenen sind aber bestimmt keine gesundheitsfördernde Maßnahme.
Wenn Burnout das Problem ist, dann ist die Anwesenheit des betroffenen Mitarbeiters keinesfalls ein Anzeichen für dessen Produktivität. Nicht zu unterschätzen ist die Möglichkeit, dass „Ansteckung“ hier ebenfalls ein Risiko darstellt, denn ein negativ eingestellter Mitarbeiter beeinflusst selbstverständlich auch die Kollegen. Die unbemerkte Folge kann ein schleichender Prozess sein, der dem Unternehmen nachhaltig schadet.
Besonders bei psychischen Erkrankungen sind die Betroffenen empfindlich für Mobbing. Es liegt auf der Hand, dass ein Prämiensystem bei welchem das gesamte Team „bestraft“ wird, verheerende Auswirkungen für den Erkrankten haben kann. Ein Problem nicht nur auf menschlicher Ebene, auch der Betrieb kann durch solche Vorkommnisse langfristig beeinträchtigt werden.
Unternehmen müssen hinterfragen warum ihre Mitarbeiter erkranken. Gegen Erkältung und Co. sind präventive Gesundheitsmaßnahmen möglicherweise hilfreich, die Grippe wird dennoch immer eine Rolle spielen. Aber, bei psychischen Erkrankungen sind Schritte erforderlich, die sich mit den Arbeitsbedingungen, dem Betriebsklima und dem Führungsstil befassen. Besonders bei dem Verdacht, dass Mitarbeiter die sich krank melden nicht wirklich krank sind, ist eine genaue Erforschung der Gründe für dieses Verhalten erforderlich.
Ist die Anwesenheitsprämie eine simple Reaktion auf ein komplexes Problem? Diese Befürchtung bleibt…
Quellen: focus.de, zeit.de, n-tv.de, WDR, faz.net
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