Kündigung aufgrund Druck von US-Aufsichtsbehörde – Nicht im deutschen Arbeitsrecht

Dr. Sandra Flämig, RechtsanwaltVon Dr. Sandra Flämig, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Stuttgart.

Andere Länder, andere Gesetze. In einem Telefonat mit einer australischen Kollegin, die in Hongkong arbeitet, ist mir mal wieder klar geworden, wie sehr unser Rechtssystem und insbesondere der Kündigungsschutz bei ausländischen Arbeitgebern für Verwirrung, Erstaunen, ja Entsetzen sorgen können.

In dem Fall, den das LAG Hessen (18 Sa 1498/15 – derzeit nur Pressemitteilung) am 13.7.2016 entschieden hat, war es ähnlich. Hier zerschellten us-amerikanische Rechtsvorstellungen an der deutschen Eiche, genannt Kündigungsschutz.

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Druckkündigung ja oder nein?

Mitarbeiter der Filiale Hamburg der Commerzbank hatten Zahlungen verschleiert. Die Zahlungen waren durch die Filiale in New York ausgeführt worden. Durch die Verschleierung war nicht mehr nachprüfbar, ob die Vorschriften des Handelsembargos gegen den Iran eingehalten wurden. Die us-amerikanische Finanzaufsichtsbehörde verhängte Strafzahlungen gegen die Bank und forderte in einem zwischen der Behörde und der Bank geschlossenen Vergleich, zur Abschreckung Mitarbeiter zu entlassen, wenn diese Entlassung vor deutschen Gerichten standhalten würde. Immerhin. Daraufhin kündigte die Bank den entsprechenden Mitarbeitern. Diese klagten und bekamen in der ersten und auch der zweiten Instanz Recht. Die Revision zum BAG ist zugelassen. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter bis zur rechtskräftigen Entscheidung bestehe jedoch nicht.

Begründung des LAG

  • Als Kündigungsgrund kommt nur die Druckkündigung in Frage. Die dafür von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen liegen nicht vor.
  • Die Bank hatte sich jedoch vertraglich gegenüber der Behörde verpflichtet, die Mitarbeiter nicht in einem bestimmten Bereich einzusetzen, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung fortbestehe.

Es bleibt abzuwarten, ob die Beklagte Revision einlegt.

Voraussetzungen der Druckkündigung

Die Voraussetzung der Druckkündigung (wenn sonst kein weiterer Grund für eine Kündigung vorliegt), die in dem Urteil des LAG angesprochen wurden, lauten wie folgt:

  • Dritte (andere Arbeitnehmer, Kunden, Lieferanten, Banken etc.) verlangen vom Arbeitgeber, dass er einem bestimmten Arbeitnehmer kündigt
  • für den Fall der Weigerung des Arbeitgebers drohen diese Dritten dem Arbeitgeber erhebliche Nachteile an (Verweigerung der Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer, Entzug von Aufträgen, Androhung der Kündigung der drohenden Mitarbeiter etc.)
  • Dem Arbeitgeber müssten die Vernichtung seiner Existenz oder zumindest ein schwerer wirtschaftlicher Schaden drohen
  • Der Arbeitgeber muss sich zunächst schützend vor den Arbeitnehmer stellen, dessen Kündigung gefordert wird. Das heißt, er muss versuchen, den Dritten von seinem Ansinnen abzubringen und mildere Maßnahmen vorrangig in Erwägung ziehen und prüfen.
  • Im Gegenzug wäre der Arbeitnehmer verpflichtet an diesen milderen Mitteln mitzuwirken, indem er bspw. einer Versetzung zustimmt.
  • Erst wenn all dies nichts bringt, ist die Druckkündigung gerechtfertigt.

Auch wenn der in der Pressemitteilung veröffentlichte Sachverhalt recht mager gehalten ist, ist doch erkennbar, dass man hier von einer Druckkündigung Lichtjahre entfernt ist.

FAZIT

Vielleicht hätten hier auch andere Kündigungsgründe zum Tragen kommen können. Die Verschleierung von Zahlungen klingt als Kündigungsgrund schon mal ganz gut. Wahrscheinlich ließ sich das jedoch nicht mit Sicherheit nachweisen.

Über die Autorin:

Dr. Sandra Flämig ist Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Stuttgart.
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