Es hört sich bizarr an, aber wiederholt wird mir zugetragen, dass die Drangsalierung von Mitarbeitern das Ziel vieler Führungskräfte zu sein scheint. In diesem Sinne: Heute ein kleiner Leitfaden zur effektiven Drangsalierung Ihrer Mitarbeiter!
- Gängeln Sie Ihre Mitarbeiter. Je besser ausgebildet, je erfahrener, je hochdotierter diese sind, desto zielführender sind Management bis ins letzte Detail, absolutes Kontrollverhalten und die offensichtliche Bekundung mangelnden Vertrauens in deren Kompetenzen und Verstand.
- Setzen Sie Anwesenheit mit Produktivität gleich. Vermeiden Sie Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeiten und Arbeitsorten. Mobiles Arbeiten fördert bekannterweise Faulheit bei Mitarbeitern. Ohne Aufsicht keine Arbeit! Messen Sie Produktivität nicht an erbrachten Leistungen oder Ergebnissen, sondern an körperlicher Anwesenheit im Unternehmen. Bei Mitarbeitern deren Aufgaben keine Anwesenheit erfordern, sondern von überall erledigt werden können ist diese Maßnahme besonders effektiv.
- Seien Sie unflexibel. Schrecken Sie nicht vor promptem Tadel oder Abmahnungen zurück. Vermeiden Sie klärende Gespräche. Besonders bei Vorkommnissen wie Bahn- oder Kitastreiks müssen Mitarbeiter begreifen, dass Unpünktlichkeit oder mobiles Arbeiten in keiner Weise toleriert wird. Betroffene Mitarbeiter werden Ihnen dies nie vergessen.
- Verweigern Sie erforderliche technische Hilfsmittel. Ob es sich um den Ersatz des uralten, längst abgeschriebenen, defekten Diensthandys handelt oder um aktuelle Soft- oder arbeitserleichternde Hardware, stellen Sie den Mitarbeitern Hürden auf, lassen Sie sich erst nach wochenlangen Diskussionen auf z.B. den Ersatz des Diensthandys ein. Am Besten nach Anfordern mehrmaliger Gutachten der EDV Abteilung. Besonders bei hochdotierten Mitarbeitern ist dies ein effektives Mittel zur Steigerung der Produktivität und zur effektiven Zeitnutzung.
Wenn diese Empfehlungen lächerlich oder irrwitzig erscheinen, dann ist die Wahrheit noch viel erschreckender. Jede dieser Empfehlungen basiert auf wirklichen Vorkommnissen und Handlungen.
Erschreckende Beispiele mangelhafter Führung:
- Der Vertriebler, der am anderen Ende der Republik wohnt, am Wochenende nach Hause pendelt. Ein Job der für mobiles Arbeiten, z.B. an Brückentagen, geradezu geschaffen ist, dessen neuer Teamleiter jedoch grundsätzlich Anwesenheitspflicht im Büro einführt.
- Die Sachbearbeiterin, die aufgrund Bahnstreiks mehrmals ca. 30 Minuten zu spät zur Arbeit kommt und dafür eine Abmahung erhält. Dies obwohl deren Vorgesetzte weiß, dass der Ersatzfahrplan der Bahn kein früheres Eintreffen ermöglicht und die Mitarbeiterin anbietet die Zeit nachzuarbeiten.
- Der erfahrene, gut ausgebildete, hochdotierte Projektmanager der zwar „offiziell“ für seine Projekte die Verantwortung trägt, dessen Vorgesetzter ihm jedoch keinerlei Handlungsmöglichkeit oder Entscheidungsfähigkeit gestattet. Eine Führungskraft, die jedes Detail wissen und absegnen will, trotz der damit einhergehenden Zeit- und Ressourcenverschwendung.
- Die vom Kitastreik betroffene Steuerberaterin die während des Streiks teilweise mobil von Zuhause aus arbeiten will, weil sie keine komplette Alternativbetreuung für Ihren Sohn findet. Obwohl sie alle Verpflichtungen dadurch hätte erfüllen können wird ihr mobiles Arbeiten untersagt.
Die Resultate dieser Art „Führung“ liegen auf der Hand. Keiner der betroffenen Mitarbeiter wird für das Unternehmen aufs „Ganze“ gehen. Das jeweilige Engagement wird darunter leiden. Wer kann, wird möglicherweise den Arbeitgeber wechseln. „Dienst nach Vorschrift“ wird ein Resultat sein. Die „innere Kündigung“ ist vorprogrammiert. Keine dieser Alternativen wird sich zu Gunsten des Unternehmens auswirken.
„Führung“ ist Teil von „Führungskraft“. Laut Gabler Wirtschaftslexikon wird „Führung allg. als psychologische und soziale Fähigkeit einer Person im Umgang mit Menschen betrachtet. Neben Persönlichkeitseigenschaften des Vorgesetzten haben weitere Faktoren wie die fachliche Autorität, die situativen Bedingungen, der Einsatz von Führungstechniken und die sozialen Beziehungen eine entscheidende Bedeutung für eine erfolgreiche Führung, die dadurch zu einem komplexen sozialen Prozess wird.“
Gute Führungskräfte entstehen nicht aus dem Nichts. Kompetente Ausübung sozialer Prozesse erfordert Arbeit, Training und Erfahrung. Unternehmen müssen sicherstellen, dass Führungkräfte wirklich führen können!
Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon
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